Donnerstag, 19. März 2020

Brief 864 vom 20.3.45


Mein liebster Ernst!                                                                                                 20.3.45  

Nachdem ich auf einmal mehrere Briefe von Dir bekommen hatte, hat mich die Post scheinbar wieder vergessen, denn ich warte jetzt wieder einmal vergeblich.  Meine letzten Briefe waren immer ziemlich kurz. Du mußt das entschuldigen. Aber Du hast ja gelesen, daß ich ziemlich viel Arbeit hatte und habe. Da wirst Du mir sicher nicht böse sein. Ich bin ja so froh, daß ich einmal einen guten Holzplatz gefunden habe, da möchte ich es auch ausnutzen. Morgen fahre ich vielleicht einmal mit den Kindern mit dem Wagen hinaus. D.h., wenn das Wetter gut ist. Es hat sich heute etwas bewölkt. Es waren heute zwar noch andere Leute an dem Platz, aber ich denke, daß wir schon noch was finden werden.  Am Nachmittag war ich ja wieder beim nähen. Davon ist nich viel zu berichten. Es ist ja immer das gleiche. Wir haben uns ganz schön unterhalten bei der Arbeit.  21.3.    5 Uhr morgens Einen ganz frühen Morgengruß bekommst du heute. Ich bin vorhin gerade aufgestanden. ½ 6 Uhr wecke ich die Kinder und um 6 Uhr ziehen wir los. Ich schlafe doch sonst gern, aber jetzt habe ich ein richtiges Holzfieber, oder wie ich es nennen soll. Im Traum sehe ich kleines und großes und dürres und anderes Holz. Ich habe heute Nacht nur halb geschlafen. Es ist so, als ob man einen Ausflug machen wollte und schaut deshalb auf die Uhr, damit man nicht verpaßt.  Wenn ich mit dem Rad fortgefahren bin, kam ich manchmal an Soldaten vorbei, die scheinbar genau so untergebracht sind wie Ihr. Sie standen dann mit hochgeschlagenen Mantelkragen und hin und her trapfend an der Gulaschkanone.  mittags 12 Uhr.  Vorhin sind wir heim gekommen. Wir hatten den Wagen voll Holz und einen kleinen Sa ck mit Zapfen und 2 kleinere Wurzeln. Wir freuen uns riesig, daß wir so viel gefunden haben. Im Haus möchten sie gar zu gern wissen, wo wir waren, aber ich bin froh, daß ich auch einmal einen guten Holzplatz habe. Die anderen haben ja auch schon so viel Holz.  Als wir heim kamen, fanden wir 7 Briefe von Dir vor, vom 8./14.3. Ich muß sie erst noch lesen und beantworte sie heute abend. Ich möchte nur, daß dieser Brief heute mit fort kommt.  Laß mich jetzt schließen und sei recht herzlich gegrüßt und geküßt von 

Deiner Annie.

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