Du mein liebster Ernst ! 20.10.44
Drei liebe Briefe habe ich gleich zusammen von Dir erhalten,
Nr. 84, 85, 86 vom 11., 12. und 13.10.
Nun seid Ihr wieder in eine neue Stellung eingezogen.
Es ist wirklich so,
daß Ihr dauernd Eure Arbeit an Euern Bunkern umsonst macht, denn sobald Ihr
fertig seid, dann kommt Ihr wieder wo anders hin. Wie ist es denn mit Deinem
Knie geworden? Hast Du große Schmerzen gehabt und mußtest Du zum Arzt? Das
einzige Gute dabei war ja nur, daß Du dadurch einmal richtig ausschlafen
konntest. Ich meine auch, daß Erna ein
bißchen nachgeben könnte. Aber es ist eben auch so, daß sie nicht gern zu Papa
in die Wohnung geht, weil Lotte immer mal stichelt, Daß Erna sich nicht um
Mamas Grab kümmert, finde ich ja auch nicht schön. Na, lassen wir das alles,
warum soll ich mich auch noch darüber ärgern.
Ja, Du hast wohl recht. Wie gut haben wir es noch, daß wir noch unser
Bett und alle Sachen haben. Wir können uns immer noch frisch machen. Wie habt
Ihr es dagegen. Die einfachsten Bequemlichkeiten müßt Ihr entbehren. Oho mein Lieber, wieso habe ich Deinen Weg
zum Verbandsplatz romantisch geschildert? Ich habe nur geschrieben wie es war,
ganz einfach. Für dich war, wie Du schreibst, doch alles so wie es sein mußte.
Das ist so, wenn man es selber erlebt, aber ich sehe es doch anders. Und dann
Ernst, warum soll es Papa nicht auch wissen, daß Du Schweres erlebt hast. Schreibt er nicht immer von Siegfried, wie
schwer er es hat. Er meint sonst, Du hast nur Zuckerlecken. Wir haben jetzt oft Fliegeralarm, d.h.
Voralarm. Hier in der nähe werden immer Züge angegriffen, auch beim Hohenkrähen
usw. Das beste ist schon, man fährt nicht fort, wenn man nicht muß. Die letzten Äpfel sind nun auch vom Baum
runtergefallen. Es waren die, die wir nicht erreichen konnten. Aber das lange
Ernten war doch recht schön. Immer hat
man Äpfel zum essen und zum Apfelmus kochen gehabt. Dadurch hatte man auch
gleich zum Frühstück Brotbelag. Heute
war ich wieder beim nähen. 4 Z. habe ich wieder genäht und dabei 1,48 Mk
verdient. Riesig nicht wahr? Nun
schließe ich wieder und verfüge mich ins Bett. Schlaf auch Du gut, bester,
liebster, allerliebster Schatz und wach frisch und munter wieder auf. Laß Dich recht oft grüßen und tüchtig küssen
von
Deiner Annie.
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