Donnerstag, 19. März 2020

Brief 845 vom 12.12.44


Mein liebster Mann !                                                                                                12.12.44    

Heute erhielt ich Deinen lieben Brief Nr. 124 vom 25.11.  Scheinbar holt die Post jetzt nach, was sie zwei Wochen lang versäumt hat. Ich freue mich natürlich sehr darüber, das kannst Du Dir denken.  Von Deinem Brief vom 28.11 habe ich auch noch einiges zu beantworten.  Gefreut hat sich Helga, daß Su sie so schön tröstest, daß sie nicht so basteln kann. Auf Deine Anregunghin hat sie Dir gleich einige Köpfe gemalt, die ich schon gestern mitgeschickt habe.  Das glaube ich, daß es ganz gut schmeckt, auf geröstetes Brot Butter und Kunsthonig tun. Wenigstens die Kinder mögen es. Ich kann Butter und Marmelade oder Honig nicht vertragen. Das ist mir so ein Durcheinandergeschmack. Den Kindern habe ich von Deiner Anregung garnichts gesagt, denn, wie Du selber sagst, das ist schon Luxus. Den Honig brauch ich sowieso zum Backen und auch sonst sind wir froh, daß wir das eine  o d e r andere aufs Brot haben. Im 6. Kriegsjahr kann man dafür wirklich dankbar sein.  Das Besitzzeugnis für das silberene Sturmabzeichen habe ich nun auch bekommen und hebe es mit auf.  Es freut mich wirklich, daß Du wieder einmal ein bißchen Abwechslung gehabt hast und Musik hören konntest. Vielleicht gönne ich mir nun auch einen Kinobesuch. Aber daß Du mir nun nicht etwa mal was vorschwindelst und sagst, Du wärst irgendwo gewesen, nur damit ich auch mal for gehe. Ich weiß, daß solche Veranstaltungen bei Euch sehr dünn gesät sind. Als gel, mogeln giebt es nicht, hörst Du?! (Du weißt doch, daß ich es nicht bös meine, nicht wahr?) Unsere Sachen habe ich nun nochmals umpacken müssen. Ich hatte ja für den Luftschutz erst mehrere Anzüge von Dir in einem Koffer, unsere wäsche in der Truhe. Sollten wir aber mal weg müssen, könnte ich die Truhe evtl. garnicht mitnehmen. Ich mußte nun Wäsche bezw. Kleider mit in den Koffer tun. Einige Anzüge von Dir mußten dadurch rausgenommen werden. Im Koffer, den ich mitnehmen würde, ist nu noch Dein Gabardinemantel, Dein neuer blauer Anzug, einige Hemden von Dir, Krawatten und 2 Paar Socken. Außerdem unsere Sachen. Es tut mir leid, daß ich von Deinen Sachen nicht mehrmitnehmen könnte. Aber solch ein Koffer ist so schnell voll. Einige Sachen von Dir habe ich in die Truhe getan.  Nun habe ich noch eine andere Frage an Dich. Vielleicht kannst Du mir noch rechtzeitig Bescheid geben. Ich schrieb Dir ja gestern wegen der Quartierfrage. Einstweilen muß ich ja nun niemand nehmen. Aber lange wird das nicht gehen, dann ist es doch soweit, daß wir uns auch noch mehr einschränken müssen. Geben wir nun das Sofa in der Stube her, wie es vorgesehen war, dann haben wir nur die Küche, wo jeder durchlaufen muß zum wohnen. Evtl.  könnten wir es so machen, daß wir das Kinderzimmer abgeben und wir drei schlafen abwechselnd auf dem Sofa und in unseren zwei Bette. Da hätten wir die Stube noch warm und könnten dort wohnen. Wenn Du aber mal auf Urlaub kämst, hättest Du gar kein Bett zum schlafen. Dann gäb es noch die möglichkeit, daß wir das Sofa in die Küche stellen, dafür kommt das Bett von Helga in die Stube, hinten nach dem Ofen zu und vorn stellen wir den tisch hin, damit wir ein bißchen drin sitzen können. Wir hätten dann wenigstens auch noch ein abgeschlossenes Zimmer.  Was hältst Du nun für das beste? Oder sollen wir ein Kind nehmen, das evtl. mit im Kinderzimmer schläft. Eins von unseren Kindern käme dann natürlich mit in unser Schlafzimmer. Oder ist das ein Risiko, wenn ich öfter nich daheim bin und zum nähen gehe? Überlege es Dir bitte einmal und schreibe mir bald Deine Meinung. Ich kann zu keinem rechten Entschluß kommen.  Da ich noch an dem Anzug für die Bären stricken will (das Weihnachtsgeschenk für die Kinder) schließe ich jetzt.  Bleib immer gesund, mein lieber, lieber Ernst und laß Dich grüßen und oft, recht oft küssen von 

Deiner Annie.

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