Donnerstag, 19. März 2020

Brief 812 vom 28.10.44


 Mein lieber, lieber Ernst !                                                                                        28.10.44       

 Zwei liebe Briefe habe ich von Dir erhalten, Nr. 91 und 92 vom 18. und 19.10. Deine Erholung ist nun auch wieder vorbei. Wie ich aus Deinen Briefen lesen kann, hat es Dir sehr gut gefallen. Ich freue mich wirklich, daß Du diese schönen Tate verleben konntest. Das Essen war ja, wie Du schreibst, auch sehr gut. Da war es ganz richtig, wenn Du guten Appetit hast.  Deine Rückkehr in den Graben war weniger erfreulich, da Du total durchgeweicht warst. Der Unterschied ist Dir wirklich sehr deutlich gemacht worden.  Das glaube ich Dir, daß Du über unser Kartoffel Ernteergebnis verwundert bist. Ich habe mich auch gewundert, aber auch sehr gefreut. Ich glaube bestimmt, daß ich mit den Kartoffeln auskommen werde.  Es hat mich auch nicht mehr gereut, daß ich die Äpfel nicht richtig abnehmen konnte. Verwertet sind sie auf jeden Fall worden und das ist ja schließlich die Hauptsache. Es ist nichts umgekommen.  Heute hatten wir eigentlich wieder im Garten schaffen wollen, aber es ist nichts draus geworden. Erstens hat es geregnet und dann machte auch mein Fuß nicht recht mit. Wenn es ein bißchen kalt wird, friere ich an dem wunden Fuß gleich sehr und er tut weh während der andere noch warm ist. Heute ging es mir auch so.  Außerdem tat er sowieso schon von gestern weh, wo ich umgegraben habe. Ich muß mir eben die Arbeit noch etwas verteilen.  Ein Pech hatten wir heute.  Eine Stange des Bohnenstangengestells war durchgefault und eine Seite war zusammengekracht. Da mußte ich wieder ein neues aufbauen. Ich habe es jetzt ans Haus unter unseren Fenstern hingebaut. Vielleicht hat es so mehr Halt und es geht nicht gleich wieder hin. Wir waren froh, als wir mit dieser Arbeit fertig waren. Die großen morschen Bretter, die Du bei der Garteneinfassung weggemacht hattest, hat Jörg heute in mehrere Stücke zersägt.  Wenn sie ausgetrocknet sind, werde ich sie zu Brennholz verarbeiten. Dann liegen sie nicht mehr rum und erfüllen einen guten Zweck.  Nachdem Helga gestern im Brausebad war, ist heute Jörg hingegangen. Es hat ihm auch sehr gut gefallen und er hat sich vorgenommen, nächste Woche wieder hinzugehen.  Ich hatte heute den ganzen Tag schlimme Kopfschmerzen, deshalb komme ich auch erst jetzt am Abend zum schreiben. Während die Kinder am Nachmittag einmal fort waren, habe ich mich ganz heiß abgewaschen. Dabei habe ich auch den heißen Lappen an die Schläfen gedrückt, immer und immer wieder, weil es so angenehm war und dabei sind meine Kopfschmerzen bedeutend besser geworden. Das war eine richtige Erlösung.  Jetzt am Abend sitzen wir alle zusammen. Jörg baut mit seinem MerkurKasten. Manchmal bekommt er ja Zorn, wenn nichts klappen will. Helga stickt an einen kleinen Deckchen, welches ich ihr aufgezeichnet habe. Das war schon lange mal ihr Wunsch, na, und ich schreibe an Dich, liebster Schatz. Bei Jörg ist jetzt eine Schwebebahn fertig geworden. Das Seil ist an der Türklinke festgebunden. Heute erhältst Du nun wieder einige Bilder. Und wieder hoffe ich, daß sie Dir ein wenig Freude machen.  Ehe ich schlafen gehe, wünsche ich mir noch recht viele Küsse von Dir. Vielleicht werden sie mir im Traum beschert. Dich grüße und küsse ich aber auch viel  vielmals und bin immer 

Deine Annie. 

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