Mein lieber, lieber Ernst ! 28.10.44
Zwei liebe Briefe habe ich von Dir erhalten,
Nr. 91 und 92 vom 18. und 19.10. Deine Erholung ist nun auch wieder vorbei. Wie
ich aus Deinen Briefen lesen kann, hat es Dir sehr gut gefallen. Ich freue mich
wirklich, daß Du diese schönen Tate verleben konntest. Das Essen war ja, wie Du
schreibst, auch sehr gut. Da war es ganz richtig, wenn Du guten Appetit
hast. Deine Rückkehr in den Graben war
weniger erfreulich, da Du total durchgeweicht warst. Der Unterschied ist Dir
wirklich sehr deutlich gemacht worden.
Das glaube ich Dir, daß Du über unser Kartoffel Ernteergebnis verwundert
bist. Ich habe mich auch gewundert, aber auch sehr gefreut. Ich glaube
bestimmt, daß ich mit den Kartoffeln auskommen werde. Es hat mich auch nicht mehr gereut, daß ich die Äpfel nicht
richtig abnehmen konnte. Verwertet sind sie auf jeden Fall worden und das ist
ja schließlich die Hauptsache. Es ist nichts umgekommen. Heute hatten wir eigentlich wieder im Garten
schaffen wollen, aber es ist nichts draus geworden. Erstens hat es geregnet und
dann machte auch mein Fuß nicht recht mit. Wenn es ein bißchen kalt wird,
friere ich an dem wunden Fuß gleich sehr und er tut weh während der andere noch
warm ist. Heute ging es mir auch so.
Außerdem tat er sowieso schon von gestern weh, wo ich umgegraben habe.
Ich muß mir eben die Arbeit noch etwas verteilen. Ein Pech hatten wir heute.
Eine Stange des Bohnenstangengestells war durchgefault und eine Seite
war zusammengekracht. Da mußte ich wieder ein neues aufbauen. Ich habe es jetzt
ans Haus unter unseren Fenstern hingebaut. Vielleicht hat es so mehr Halt und
es geht nicht gleich wieder hin. Wir waren froh, als wir mit dieser Arbeit
fertig waren. Die großen morschen Bretter, die Du bei der Garteneinfassung
weggemacht hattest, hat Jörg heute in mehrere Stücke zersägt. Wenn sie ausgetrocknet sind, werde ich sie
zu Brennholz verarbeiten. Dann liegen sie nicht mehr rum und erfüllen einen
guten Zweck. Nachdem Helga gestern im
Brausebad war, ist heute Jörg hingegangen. Es hat ihm auch sehr gut gefallen
und er hat sich vorgenommen, nächste Woche wieder hinzugehen. Ich hatte heute den ganzen Tag schlimme
Kopfschmerzen, deshalb komme ich auch erst jetzt am Abend zum schreiben.
Während die Kinder am Nachmittag einmal fort waren, habe ich mich ganz heiß
abgewaschen. Dabei habe ich auch den heißen Lappen an die Schläfen gedrückt,
immer und immer wieder, weil es so angenehm war und dabei sind meine
Kopfschmerzen bedeutend besser geworden. Das war eine richtige Erlösung. Jetzt am Abend sitzen wir alle zusammen.
Jörg baut mit seinem MerkurKasten. Manchmal bekommt er ja Zorn, wenn nichts
klappen will. Helga stickt an einen kleinen Deckchen, welches ich ihr
aufgezeichnet habe. Das war schon lange mal ihr Wunsch, na, und ich schreibe an
Dich, liebster Schatz. Bei Jörg ist jetzt eine Schwebebahn fertig geworden. Das
Seil ist an der Türklinke festgebunden. Heute erhältst Du nun wieder einige
Bilder. Und wieder hoffe ich, daß sie Dir ein wenig Freude machen. Ehe ich schlafen gehe, wünsche ich mir noch
recht viele Küsse von Dir. Vielleicht werden sie mir im Traum beschert. Dich
grüße und küsse ich aber auch viel
vielmals und bin immer
Deine Annie.
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