Donnerstag, 19. März 2020

Brief 849 vom 23.2.45


Du mein allerliebster Ernst!                                                                                              23.2.45     

Weiß Du, was heute ankam? Dein Brief vom 26.1. Nr. 15.  abgestempelt in Lüneburg am 28.1. 21 Uhr. Vor dort bis hierher hat er also ungefähr einen Monat gebraucht. Da hätte ich lange warten können. Inzwischen hast Du mir ja alles persönlich erzählen können. Gefreut habe ich mich über den Brief aber doch.  Heute habe ich mich wieder richtig in die Arbeit gestürzt. Den ganzen Tag über hatte ich zu tun. Ich habe geputzt und gewaschen. So ist wenigstens auch dieser Tag vorüber gegangen. Wir hatten auch wieder 1 Mal Alarm und 4 Mal Voralarm. Beim Alarm hat es in der weiteren Umgebung einige Male mächtig gewummert.  Gestern Nachmittag bin ich noch in die Stadt gegangen. Ich habe Helga von der Schule abgeholt, damit sie mitgehen konnte. Jörg war daheim. ½ 8 Uhr waren wir wieder daheim Jörg wartete schon mit riesigem Hunger auf uns. Wir haben dann auch bald gegessen und hinterher sind wir gleich schlafen gegangen.  Am heutigen Nachmittag sind die Kinder zusammen in die Stadt gegangen. Es war so schönes Wetter. Zum spielen hatte Helga niemand, da habe ich ihr gesagt, sie sollte schön langsam in die Stadt laufen. Sie mußte noch etwas für die Schule besorgen. Jörg hat sich ihr dann angeschlossen. Als sie heim kamen, brachten sie großen Hunger mit. Das Abendbrot war aber schon gerichtet, sodaß sie nicht vor Hunger umfallen brauchten.  Nun bist Du schon wieder drei Tage von uns fort. Wie doch die Zeit fliegt. Am meisten aber doch die Urlaubstage.  Vielleicht bekommen wir bald Nachricht von Dir, daß Du gut in Leipzig angekommen bist.  Meine Gedanken sind ja immer bei Dir. Ob Du wohl jetzt mit Papa zusammen sitzt? Oder bist Du in der Kaserne? Oder mußt Du evtl. schon wieder weiterfahren? Na, Du hast mir ja sicher gleich geschrieben und bald werde ich wieder einen lieben Brief von Dir in den Händen halten können. Ich freu mich schon darauf, das darfst Du glauben. Wenn ich jetzt hier so allein sitze, muß ich an die wunderschönen Urlaubstage denken. Da warst Du mit hier und alles war so schön. Denkst Du noch an den Abend, als wir die Flasche Sekt getrunken haben? Mir war es ganz lustig zumute geworden. Das war doch auch ein schöner Abend. Ach, es war einfach alles herrlich, als Du hier warst. Deine Gegenwart allein macht schon froh und glücklich. Nun muß mir wieder Dein Bild genügen, aber auch darauf schaust Du mich mit Deinen lieben Augen an. Helga meinte vorgestern unter Tränen: „Vaterle hat so liebe Augen, richtige Trostaugen.  Wenn er mit uns gesprochen hat, hat er uns immer so lieb angesehen.“ Du weißt ja, wir haben Dich alle lieb.  Laß mich nun wieder schließen. Bleib gesund, damit Du uns gesund wieder kommst, und laß es Dir gut gehen. Ich schicke Dir recht viele liebe Grüße und innige Küsse 

Deine Annie.

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