Donnerstag, 19. März 2020

Brief 852 vom 26.2.45


 Mein liebster Ernst!                                                                                        26.2.45    

Montag Gerade bin ich vom Nähen gekommen. Es ist mir heute ganz gut von der Hand gegangen und ich habe 4 ½ Z. fertig bekommen. Wir hatten ganz nette Unterhaltung, ich brauchte nur zuhöhren. Damit es uns nicht ganz zu wohl wurde, hatten wir wenigstens 4 mal Voralarm. Aber das ist ja nicht schlimm, wenn sonst alles ruhig bleibt. Aus der heutigen Zeitung schicke ich Dir einen Artikel mit, der Dich vielleicht auch interessiert.  Sonst ist vom Tage eigentlich nicht viel zu berichten. Doch halt, eins schon. Das Damenrad war doch kaputt, also der Reifen. Ich habe es heute nun so gemacht, daß ich einfach das Vorderrad von Deinem Rad mit dem von meinem Rad ausgewechselt habe. Da können wir nun alle ohne Anstrengung fahren, und wenn wir wollen, ist das Rad ja schnell wieder umgetauscht. Hast du etwas dagegen. Dann schreibe es bitte.  Nachher zum Abendbrot gibt es unser Lieblingsessen, eine Brotsuppe. Es dauert nur noch ein Weilchen, da ich doch nicht mit Gas kochen kann. Einstweilen haben wir ein gutes Butterbrot gegessen, damit wir nicht verhungern.  Heute Morgen habe ich erst mal unseren Lausejungen vermöbelt, da er einfach seine Sachen nicht aufräumen wollte.  Überall stand was rum, besonders auf dem Tisch. Und als Du hier warst, hatte er doch so schön alles versorgt. Aber wir waren qwieder die besten Freunde, denn es hat ihm dann selber gefallen, als es schön sauber war. Vorhin empfing er mich gleich mit dem Ruf „Mutterle, ich habe gleich wieder alles weggeräumt. Sieht es nicht sauber aus? „ Das mußte ich ihm ja bestätigen. Augenblicklich schnitzt er wieder an einem Einbaumboot. Er muß eben immer etwas zu basteln haben, der kleine Kerl.  Helga ist vorhin gerade aus der Schule gekommen. Sie hat mich abgeholt und wir sind zusammen heim gelaufen. Eigentlich wollte sie gleich die Aufgaben anfangen, aber sie ist etwas abgespannt. Da soll sie sich nur erst mal ausruhen. Von der Schule will sie Dir nachher noch selbst schreiben.  Vater war seit Deiner Abfahrt noch nicht wieder hier. Vielleicht kommt er heute.  Ich hatte schon auf Nachricht von Dir gewartet, aber umsonst. Vielleicht mu0 ich auch so noch eine Weile warten, da die Bahnstrecke von hier aus verschiedentlich bombadiert worden sein soll, so bei Singen, Engen usw. Froh wäre ich ja, wenn ich bald einen lieben Gruß von Dir bekäm und wüßte, daß Du gut angekommen bist, denn ich denke ja immer an Dich, Du mein allerliebster, allerbester, schönster Schatz.  Laß mich nun schließen. Wenn Du noch in Leipzig bist, so grüße Alle von mir. Sicher wirst Du es auch so schon getan haben. Dich aber, mein lieber Ernst, grüße und küsse ich ganz fest und innig 

Deine Annie.   

Liebes Vaterle! Ich habe ein kleines EinbaumBoot. Helga hat mir „Germanen“ gemalt, ich habe sie ausgeschnitten und angemalt. Dreizehn „Germanen“ passen in das Bott. Heute habe ich mir noch eine Kleineres gemacht, wo bloß drei reingehen. Für dieses hat mir Helga „Neger“ gemacht. Die „Germanen“ verfolgen manchmal die „Neger“ oder umgekehrt. Viele Grüße und Küsse und Gute Nacht Dein Jörg.  Liebes Vaterle! Jetzt habe ich schon 4 Zweien hintereinander im Rechnen bekommen. Freut Dich das? Ich habe heute nachmittags Schule gehabt und morgen habe ich wieder nachmittags, von 3  6 Uhr Schule. Jetzt mache ich morgen Vormittag meine Aufgaben. Heute abend wäre es doch falsch geworden. viele Grüße und tausend Küsse von Deiner Helga.

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