Mein liebster
Ernst! 26.2.45
Montag Gerade bin ich vom Nähen gekommen. Es ist mir heute
ganz gut von der Hand gegangen und ich habe 4 ½ Z. fertig bekommen. Wir hatten
ganz nette Unterhaltung, ich brauchte nur zuhöhren. Damit es uns nicht ganz zu
wohl wurde, hatten wir wenigstens 4 mal Voralarm. Aber das ist ja nicht
schlimm, wenn sonst alles ruhig bleibt. Aus der heutigen Zeitung schicke ich
Dir einen Artikel mit, der Dich vielleicht auch interessiert. Sonst ist vom Tage eigentlich nicht viel zu
berichten. Doch halt, eins schon. Das Damenrad war doch kaputt, also der
Reifen. Ich habe es heute nun so gemacht, daß ich einfach das Vorderrad von
Deinem Rad mit dem von meinem Rad ausgewechselt habe. Da können wir nun alle
ohne Anstrengung fahren, und wenn wir wollen, ist das Rad ja schnell wieder
umgetauscht. Hast du etwas dagegen. Dann schreibe es bitte. Nachher zum Abendbrot gibt es unser
Lieblingsessen, eine Brotsuppe. Es dauert nur noch ein Weilchen, da ich doch
nicht mit Gas kochen kann. Einstweilen haben wir ein gutes Butterbrot gegessen,
damit wir nicht verhungern. Heute
Morgen habe ich erst mal unseren Lausejungen vermöbelt, da er einfach seine
Sachen nicht aufräumen wollte. Überall
stand was rum, besonders auf dem Tisch. Und als Du hier warst, hatte er doch so
schön alles versorgt. Aber wir waren qwieder die besten Freunde, denn es hat
ihm dann selber gefallen, als es schön sauber war. Vorhin empfing er mich
gleich mit dem Ruf „Mutterle, ich habe gleich wieder alles weggeräumt. Sieht es
nicht sauber aus? „ Das mußte ich ihm ja bestätigen. Augenblicklich schnitzt er
wieder an einem Einbaumboot. Er muß eben immer etwas zu basteln haben, der
kleine Kerl. Helga ist vorhin gerade
aus der Schule gekommen. Sie hat mich abgeholt und wir sind zusammen heim
gelaufen. Eigentlich wollte sie gleich die Aufgaben anfangen, aber sie ist
etwas abgespannt. Da soll sie sich nur erst mal ausruhen. Von der Schule will
sie Dir nachher noch selbst schreiben.
Vater war seit Deiner Abfahrt noch nicht wieder hier. Vielleicht kommt
er heute. Ich hatte schon auf Nachricht
von Dir gewartet, aber umsonst. Vielleicht mu0 ich auch so noch eine Weile
warten, da die Bahnstrecke von hier aus verschiedentlich bombadiert worden sein
soll, so bei Singen, Engen usw. Froh wäre ich ja, wenn ich bald einen lieben
Gruß von Dir bekäm und wüßte, daß Du gut angekommen bist, denn ich denke ja
immer an Dich, Du mein allerliebster, allerbester, schönster Schatz. Laß mich nun schließen. Wenn Du noch in
Leipzig bist, so grüße Alle von mir. Sicher wirst Du es auch so schon getan
haben. Dich aber, mein lieber Ernst, grüße und küsse ich ganz fest und innig
Deine Annie.
Liebes Vaterle! Ich habe
ein kleines EinbaumBoot. Helga hat mir „Germanen“ gemalt, ich habe sie
ausgeschnitten und angemalt. Dreizehn „Germanen“ passen in das Bott. Heute habe
ich mir noch eine Kleineres gemacht, wo bloß drei reingehen. Für dieses hat mir
Helga „Neger“ gemacht. Die „Germanen“ verfolgen manchmal die „Neger“ oder umgekehrt.
Viele Grüße und Küsse und Gute Nacht Dein Jörg. Liebes Vaterle! Jetzt habe ich schon 4 Zweien hintereinander im
Rechnen bekommen. Freut Dich das? Ich habe heute nachmittags Schule gehabt und
morgen habe ich wieder nachmittags, von 3
6 Uhr Schule. Jetzt mache ich morgen Vormittag meine Aufgaben. Heute
abend wäre es doch falsch geworden. viele Grüße und tausend Küsse von Deiner
Helga.
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