Dieser Brief gilt nicht für heute (diesen
schreibe ich am Abend) sondern für gestern und da er gleich am Morgen
geschrieben wird, kommt er auch so zeitig fort. Ich will also von gestern
berichten. In der Nacht hatten wir zwei
Mal Voralarm und um ½ 6 Uhr Alarm. Da kamen eine Menge Flugzeuge. Sie waren in
München. Den Vormittag über habe ich mich an die Maschine gesetzt und angefangen,
Helga‘s Lodenmantel zu nähen. Bis zum anprobieren bin ich gekommen. Dann habe
ich Essen gekocht und hinterher bin ich nähen gegangen. Als ich wieder raus
kam, stand Vater da. Er wollte zu Paula rauf gehenund hatte auf mich gewartet,
damit wir das Stück zusammen gehen konnten. Jörg kam mir mit seinem Reifen auch
schon entgegengesprungen, während Helga in die Leihbücherei ihr Buch
umtauschte. Sie kam dann auch bald heim. Wir haben dann Abendbrot gegesse.
Hinterher packte mich wieder der Ar beitseifer und ich habe Helgas Matel fertig
genäht. Es war dann 1 Uhr geworden und da war es soch zum schreiben zu spät,
denn ich war wirklich müd. Im Nähen
hatte ich einmal einer Frau mit einer Schachtel Zigartetten ausgeholfen. Sie
hat sie mir gezahlt und mir Brotmarken für ein Brot gegeben. Gestern gab sie mir
dafür noch 2000g, also für zwei Brote. Ich wollte sie erst garnicht nehmen,
aber sie meinte, es tät ihr bestimmt nicht weh und es sei ihr direkt peinlich
gewesen, daß sie mir erst nur Marken für 1 Brot gegeben hätte. Am Morgen war Jörg mit Richard im Wald und
hat Holz geholt. Einige große starke Stangen und einen halben Sack kleine
Stücke. Ich habe mich sehr darüber
gefreut. Nun will ich Dir aber auch
sagen, daß ich Deinen lieben Brief Nr. 118 vom 17.11. erhalten habe. Ich sage
Dir vielen Dank dafür. Das mit dem Beutegut hast Du mir nun richtig erklärt.
Warum ja alle Sachen den Russen in die Hände fallen müssen, das begreife ich
auch nicht ganz. Aber wir sind eben immer zu überanständig und es wird uns doch
nie gelohnt. Doch nun muß ich schon
wieder schließen. Ich will noch aufräumen , kochen suusw., damit ich zur
rechten Zeit fort komme zum nähen. Laß Dich deshalb jetzt wieder recht herzlich
grüßen und küssen von
Deiner Annie.
Mein liebster Ernst
! 28.11.44
Heute Morgen habe ich
Dir den gestrigen Brief geschrieben, nun folgt der heutige. Den ganzen
Vormittag über habe ich gebügelt und mir Sachen zum Nähen fertig gemacht. Bei
Jörg waren an beiden Mänteln die Ärmel zu kurz geworden. Ich habe sie nun
ausgelassen. An Helgas Lodenmantel war keine Kapuze, da der Stoff nicht langte.
Nun habe ich die schwarze genommen, die sie schon immer hatte, habe vorn einen
breiten Streifen vom Lodenstoff des Mantels aufgesetzt und und innen ist sie
grün gefüttert worden. Nun paßt alles gut zusammen und kleidet Helga auch. Morgen will ich vielleicht mit langen Hosen
von Jörg anfangen. Vater hat zwar auch heute schon nach seinen Unterhosen
gefragt, die ich ausbessern muß. Aber das wird alles nach und nach fertig
werden. Am Nachmittag war ich wieder
beim Nähen. Wir haben z.Zt. scheußliche Knöpfe, da kommt man garnicht vorwärts.
So habe ich heute auch nur 3 Z. fertig gebracht. Aber ich bin ja nicht auf den
Verdienst angewiesen. Vater kam vorher
noch rauf. Es war bei Paula gewesen. Er hatte ihr Holz raufschaffen müssen. Sie
hatten es vorher bei ihm untergestellt. Sie hat ja immer eine Arbeit für ihn.
Darin ist sie groß. Heute Mittag gab es
bei uns Kartoffelpuffer (von rohen Kartoffeln) und Apfelmus. Das hat wieder
geschmeckt. Nach langer Zeit haben wirs wieder mal gehabt. Nun bin ich doch wieder müde. Es ist ja auch
½ 12 Uhr. Laß mich darum jetzt schließen. Mein liebster Ernst, viele liebe
Grüße und Küsse schicke ich Dir
Deine Annie.
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