Donnerstag, 19. März 2020

Brief 823 vom 11.11.44


Mein liebster Ernst !                                                                                                    11.11.44       

Diese Woche hat mich die Post aber ganz verlassen. Nicht einen Brief habe ich von Dir erhalten. Hoffentlich wird es nächste Woche besser. Schade ist nur, daß am Sonntag nicht ausgetragen wird, da könnte man sich darauf freuen. So muß ich eben noch warten.  Den ganzen Tag über hat es wieder Schneetreiben. Gern ist man nicht for gegangen. Viel hatten wir auch nicht zu besorgen, sodaß wir in der Wohnung bleiben konnten. Die Kinder mußten natürlich in die Schule. Nach langer Zeit habe ich heute wieder mal einen Kuchen gebacken, einen Tassenkuchen (2 Tassen Gries, 2 Tassen Zucker usw.) Aussehen tut er gut. Vielleicht schmeckt er auch so.  Ich konnte heute verschiedenes schaffen, was noch liege geblieben war, waschen und bügeln und nun kommt noch das Stricken dran. 1 Paar Strümpfe habe ich fast angestrickt.  Heute mittag fab es Kartoffeln mit Senfsoße und Fisch von Dir. Am Abend gab es Bratkartoffeln, Brötchen mit Leberwurst, Butter.  Als ich am Mittwoch aus dem Nähen kam, kamen mir die Kinder schon entgegen und sagte, daß V2 eingesetzt sei. Man wußte  ja da noch nicht genau wie sie wirkt. Wenn man aber jetzt hört, daß sie schneller ist als der Schall, so ist das schon allerhand. Wenn gar keine Warnung gegeben werden kann, so muß das doch sehr nervös machen. Man lebt doch dann dauernd in Spannung. Hier haben wir uns sehr über die neue Waffe gefreut.  12.11. Den Kuchen haben wir nun zur Hälfte gegessen. Er war wirklich gut. Man soll also doch mal was neues probieren. Am Vormittag hatte ich mit kochen zu tun. Wir hatten Kartoffeln, Krautwickel (auf Wunsch der Kinder) Johannisbeerkompott. Dann hatten wir uns noch Bratäpfel gemacht. Gleich nach dem Essen kam Ingrid. Sie will mit den Kindern spielen. Gerade jetzt sitzen alle Drei am Tisch und spielen Schwarzer Peter und SchnippSchnapp. Ich werde jetzt noch stricken.  Es ist nun Abend geworden. Die Kinder haben noch mit den Puppen gespielt. Jörg hat sich aus einigen Decken eine „Wohnung“ gebaut. Ich mußte direkt froh sein, daß ich noch am Tisch sitzen konnte. Helga und Ingrid saßen nämlich auch auf Decken. Nun haben wir inzwischen schon Abendbrot gegessen. Es gab Einbrennsuppe mit gerösteten Brotwürfeln, dann Bratkartoffeln und Butterbrot.  Ich habe am Nachmittag wieder 1 Paar Strümpfe angestrickt. Bei den zu kleinen Strümpfen schneide ich die Spitze ab und stricke etwas länger an. So können sie die Kinder diesen Winter wieder tragen.  REsi geht jetzt auch 2 mal in der Woche schaffen. Sie feilt. Wie Ingrid sagte, sei sie froh, daß sie nicht nähen gehen müßte.  Anbei sende ich Dir zwei Zeitungsausschnitte. Das Glattfelden liegt bei Eglisau. Wo Diessenhofen liegt, weißt Du ja, eine Weile hinter Stein a.Rh. Das Rheinfelden liegt gegenüber des bad. Rheinfelden. Wummern haben wir es hören, als angegriffen wurde.  Nun laß mich schließen. Ich hoffe, daß ich recht bald wieder einen Brief von Dir erhalte. Mit vielen lieben Grüßen und Küssen bin ich immer 

Deine Annie.

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