Mein liebster Ernst
! 6.11.44
Die Woche hat mit
sonnigem, windigem Wetter begonnen. Ich habe dieses ausgenutzt und bin gleich
am Morgen in den Garten gegangen zum umgraben. Ein ganzes Stück bin ich weiter
gekommen. Ca. ¼ des Gartens ist noch umzugraben. Na, damit werde ich auch nocht fertig. Am Nachmittag war ich
nähen. Einen Brief habe ich heute nicht
bekommen, dafür aber die Päckchen 4 und 5 mit 2 Dosen Fisch, Bonbons, Zigarren,
Zigaretten, Tabak und Bohnen. Die Bonbons hebe ich wieder auf. Ich danke Dir
sehr dafür, daß Du uns diese Sachen geschickt hast. Du wirst nun auch Deine
Freude haben, daß alles angekommen ist. Du schriebst es ja einmal. Den Fisch
werden wir auch gut verwenden können. So etwas ist ja jetzt eine
Seltenheit. Auf den Päckchen stand
„Kein Beutegut. Inhalt geprüft“ wie Du auf dem ausgeschnittenen Packpapier
siehst. Wa rum wird das gemacht? Wo hättet Ihr dort Gelegenheit, Beute zu
machen? Von Papa bekam ich heute einen
kurzen Brief mit einem Zeitungsroman. Gerade gestern hatte ich ja an ihn
geschrieben. Morgen früh schreibe ich
weiter. Ich muß erst ma mit dem einen Daumen ein Seifenbad machen. Er tut mir
an der Seite weh. Sonst kann ich morgen nicht nähen. Ich weiß nicht, was ich
mal wieder mit dem Daumen gemacht habe.
7.11. Die Nacht ist wieder vorbei. In der Nacht hat der finger ziemlich
weh getan, aber jetzt bessert er sich wesentlich. Man hat keinen riß oder
Stachel oder etwas ähnliches gesehen, er wurde nur rot und dick. Jörg tun alle
Gelenke weg, scheinbar hat er schlecht gelegen. Helga hat sich gestern die
Beine aufgeschlagen und außerdem hat sie einen richtigen Muskelkater. Nachdem das Wetter gestern schön war, hat es
heute gänzlich umgeschlagen. Stürmisch ist es immer noch, vielleicht noch mehr
als gestern, aber dabei regnet es heftig. Ich bin grad froh, daß ich gestern gleich
im Garten was getan habe. Heute Vormittag
muß ich noch das WAschhaus putzen, ehe ich am Nachmittag zum nähen gehe. _ Jörg
wollte Dir gestern schreiben. Da bekamen sie aber den Bescheid, daß sie ½ 3 Uhr
auf dem Bann sein müßten. Sie bekämen eine Bescheinigung zum Kauf einer langen
Uniformhose. Jörg war dort. Sie mußten eine Weile warten, dann hieß es, er
hätte keine Bescheinigungen mehr, sie müßten heute wiederkommen. Nun wird
wahrscheinlich dieser Tag auch wieder vorbei gehen, ohne daß Jörg zu etwas
kommt. Denn am Abend muß er ja noch seine Aufgaben machen. Ich weiß garnicht,
ob ich Dir schon einma geschrieben habe, daß die städt. Behörden jetzt auch
länger schaffen müssen. Soviel ich weiß, abends bis ½ 7 Uhr. Da wird das
Jugendamt doch sicher dabei sein. Dr.
nast ist jetzt auch gestorben. Er war erst 56 Jahre alt. Er hat scheinbar
monatelang leiden müssen. Wir waren doch früher mit den Kindern auch öfter bei
ihm. So, nun muß ich mich an die Arb
eit machen, sonst komme ich nicht rechtzeitig fort. Dich mein lieber Mann grüße
und küsse ich wieder ganz herzlich
Deine Annie.
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