Lieber Schatz !
19.10.44
Heute bekam ich Deinen lieben Brief vom 10.10. Es tut mir
sehr leid, daß Du so unregelmäßig Post erhältst. Gefreut hat es mich, daß Du wieder einmal ein bißchen hast
schlafen können. Euer Ofen ist ja ein netter Kerl, erst raucht er, daß er Euch direkt
vertreibt, dann besinnt er sich und wärmt so, daß er Euch auch wieder
vertreibt, weil Ihr sonst ein Schwitzbad nehmen müßt. Na, und die Fliegen, die
wieder angelockt wurden, sind ja auch nicht gerade nett. Heute Morgen war ich mit den Kindern in der
Stadt. Lederschuhe haben wir zwar nicht erhalten, wohl aber Turnschuhe mit
Gummisohle für den Abschnitt „sonstige Schuhe“ Wegen Lederschuhen sollen wir in
den nächsten Tagen bezw. Wochen nochmals nachfragen. Dann waren wir auf dem Arbeitsamt. Ich habe gefragt wegen einer
Entlohnung, da ja auch die Schuhe entzwei gehen. Der Mann wollte beim Leirer
anrufen, denn ein Taschengeld müßte Jörg bekommen. Er meinte, schaffen m ü ß t
e Jörg ja nicht, aber wenn er gern geht,
soll er nur weiter helfen. Am Nachmittag hat nun Herr Leirer gesagt, am Samstag
bekäme Jörg Geld und wenn der Willi wieder frech werden sollte, soll Jörg
sofort zu Herrn Leirer auf den Friedhof kommen und es ihm sagen. Vielleicht
hilft es doch etwas, daß ich ein bißchen hinterher gewesen bin. Essig habe ich heute auch bekommen und sogar
einen Süßstoff. Auf Dein Sparkonto habe
ich heute die gesandten 100 Mk eingezahlt. Du hast jetzt 2 115.Mk auf Deinem
Konto. Auf mein Konto habe ich 40,, bei Helga 23,.(Geburtstagsgeld dabei) bei
Jörg 12,eingezahlt. Den entwickelten
Film vom Urlaub konnte ich heute zum abziehen bringen. Ich bekomme zwar nur
einen Abzug, aber es ist doch wenigstens war.
Wetter war ja heute scheußliches.
Den ganzen Tag Sturm und Regen. Ich bin zum ersten Mal wieder in die
Stadt gelaufen, aber heute spüre ich meinen Fuß. Das weite laufen bin ich noch
nicht wieder gewohnt. Aber froh binn ich, daß ich überhaupt wieder so laufen
kann. Von Elsa Legler erhielt ich einen
Brief. Gerhard ist noch in Leipzig, kann aber jeden Tag fortkommen. Beide
lassen Dich recht herzlich grüßen. Elsa ist in Otterwisch, um zusammen mit
ihrer Schwester ihre Mutter zu pflegen. Sie ist schon 6 Wochen krank und man
sieht keine Besserung. Es hat eben jeder seine Sorgen. Unser Jörg liegt auf seinen Decken und liest,
Helga näht Puppenkleider und ich habe nur geschrieben. Es ist ¾ 9 Uhr. Wir
werden bald schlafen gehen, aber augenblicklich haben wir noch Voralarm. Da
warten wir noch. Ich schließe nun mein Schreiben und grüße und küsse Dich noch
oft und recht fest
Deine Annie.
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