Du liebster, allerbester Ernst! 24.2.45
Es ist Samstag. Vor
einer Woche hatten wir Lämmels besucht. Wir sind hinterher an der Seestraße
entlang gelaufen und dann noch in die Stadt gegangen. Ich drängte später aufs
Heimgehen, denn ich hatte doch den Hefeteig für die Rohrnudeln stehen. Der war
so gut aufgegangen, daß das Essen zur allgemeinen Zufriedenheit ausfiel. Ja, das
ist nun schon wieder eine Woche her.
Heute war ich am Vormittag in der Stadt und am Nachmittag daheim. Schon
am Vormittag hatten wir Alarm und Voralarm. Am Nachmittag hörten wir
Flugzeuggeräusch. Wir schauen zum Fenster raus. Da kurven zwei schnelle Jäger
ziemlich hoch über Stromeyer herum, während ein anderes Flugzeug langsamer und
viel tiefer drüber rum fliegt. Wir sind uns im Zweifel, ob es Feinde sind, da
kein Alarm erfolgte. Plötzlich biegen alle 3 Flieger ab und fliegen nach der
Schweiz. In diesem Moment gibt es bei uns Alarm. Das hätte nicht mehr viel
genutzt, wenn sie angegriffen hätten. Aber sicher haben sie aufgeklärt und die
zwei Jäger waren der Schutz. Gestern
soll ja Singen und Ra dolfzell angegriffen worden sein. Die auch Dir bekannten
Werke sollen einige Trffer erhalten haben. Ich sage „sollen“, denn ich kann ja
nur das schreiben, was ich gehört habe.
Unsere Kinder haben mir heute beim schaffen geholfen. Sie haben zusammen
die Treppe gekehrt und gewischt, während ich meine Wäsche gebügelt habe. Über
dem bügeln und Abendessen kochen ist der Nachmittag vorbei gegangen. So ist
also nicht viel zu berichten. Aber meine Gedanken waren den ganzen Tag bei Dir.
Ob Du wohl noch in Leipzig bist? Es ist so eigenartig, wenn Du erst gerade hier
bei uns warst, dann fährst Du fort und man weiß nicht bestimmt, wo Du bist. Die
Gedanken suchen überall. Jetzt in Leipzig. Aber ob auch stimmt? Die Hauptsache
ist, daß es Dir gut geht, soweit dies jetzt möglich ist. Und das erhoffe ich
von ganzer Seele für Dich. Bleib nur auch immer gesund, daß wir uns immer
wiedersehen. Jetzt laß Dich. mein lieber Schatz, recht herzlich grüßen und
innig und fest lieb küssen von
Deiner Annie.
¾ 12 Uhr. Jetzt haben sie uns wieder aus dem Bett gejagt, und ich war so
schön eingeschlafen. Es ist aber wieder gut vorbei gegangen. Darüber wollen wir
froh sein.
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