Donnerstag, 19. März 2020

Brief 850 vom 24.2.45


Du liebster, allerbester Ernst!                                                                                           24.2.45      

 Es ist Samstag. Vor einer Woche hatten wir Lämmels besucht. Wir sind hinterher an der Seestraße entlang gelaufen und dann noch in die Stadt gegangen. Ich drängte später aufs Heimgehen, denn ich hatte doch den Hefeteig für die Rohrnudeln stehen. Der war so gut aufgegangen, daß das Essen zur allgemeinen Zufriedenheit ausfiel. Ja, das ist nun schon wieder eine Woche her.  Heute war ich am Vormittag in der Stadt und am Nachmittag daheim. Schon am Vormittag hatten wir Alarm und Voralarm. Am Nachmittag hörten wir Flugzeuggeräusch. Wir schauen zum Fenster raus. Da kurven zwei schnelle Jäger ziemlich hoch über Stromeyer herum, während ein anderes Flugzeug langsamer und viel tiefer drüber rum fliegt. Wir sind uns im Zweifel, ob es Feinde sind, da kein Alarm erfolgte. Plötzlich biegen alle 3 Flieger ab und fliegen nach der Schweiz. In diesem Moment gibt es bei uns Alarm. Das hätte nicht mehr viel genutzt, wenn sie angegriffen hätten. Aber sicher haben sie aufgeklärt und die zwei Jäger waren der Schutz.  Gestern soll ja Singen und Ra dolfzell angegriffen worden sein. Die auch Dir bekannten Werke sollen einige Trffer erhalten haben. Ich sage „sollen“, denn ich kann ja nur das schreiben, was ich gehört habe.  Unsere Kinder haben mir heute beim schaffen geholfen. Sie haben zusammen die Treppe gekehrt und gewischt, während ich meine Wäsche gebügelt habe. Über dem bügeln und Abendessen kochen ist der Nachmittag vorbei gegangen. So ist also nicht viel zu berichten. Aber meine Gedanken waren den ganzen Tag bei Dir. Ob Du wohl noch in Leipzig bist? Es ist so eigenartig, wenn Du erst gerade hier bei uns warst, dann fährst Du fort und man weiß nicht bestimmt, wo Du bist. Die Gedanken suchen überall. Jetzt in Leipzig. Aber ob auch stimmt? Die Hauptsache ist, daß es Dir gut geht, soweit dies jetzt möglich ist. Und das erhoffe ich von ganzer Seele für Dich. Bleib nur auch immer gesund, daß wir uns immer wiedersehen. Jetzt laß Dich. mein lieber Schatz, recht herzlich grüßen und innig und fest lieb küssen von 

Deiner Annie.   

 ¾ 12 Uhr. Jetzt haben sie uns wieder aus dem Bett gejagt, und ich war so schön eingeschlafen. Es ist aber wieder gut vorbei gegangen. Darüber wollen wir froh sein.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen