Donnerstag, 19. März 2020

Brief 854 vom 28.2.45


Du mein allerliebster Schatz!                                                                                28.2.45    

Vom Morgen hatte ich Dir ja im vorigen Brief schon geschrieben.  Wir hatten Holz gehackt und die Hauspäne eingeschüttet. Am Nachmittag war ich nun im nähen. Davon ist ja immer nicht viel zu berichten. Man tut eben seine Arbeit, unterhält sich vielleicht etwas dabei und schon ist der Nachmittag herum. Unterbrochen wird er meist nur duch mehrmaligen Voralarm. Auch heute wieder.  Vorhin habe ich noch große Wäsche eingeweicht, d.h, allzu groß ist sic nicht. Ich kann in einem Tag gut damit fertig werden. Vater kam vorhin auch noch mit seinen Sac hen, als wir gerade beim Abendbrot saßen. Jetzt sitzt er neben mir und liest Zeitung. Die Kinder sitzen auch am Tisch und lesen in einem Buch. So ist es ganz friedlich hier. Nur Du fehlst , Du weißt garnicht wie sehr. Dein Bild schaue ich immer wieder an und ich wünsche sehr, daß recht bald ein lieber Brief von Dir eintrifft, damit ich weiß, Du bist gut angekommen. Aber auch damit die Verbindung zwischen Dir und uns wieder hergestellt isT.  Ich sehen mich so danach. Heute vor einer Woche bist Du früh weggefahren und es ging so schnell, daß wir Dich nicht mehr sahen. Ach Ernst, wenn ich Dich nur wieder herholen könnte. Wenn es nur ginge. Ob Du wohl schon wieder von Leipzig fort bist? Vielleicht kannst Du doch noch eine Weile dort sein. Und vielleicht bekomme ich nun doch bald einen Brief von Dir.  Gel, ich habe nur lauter Wünsche. Aber ich will auch nicht undankbar sein. Es waren doch wunderschöne Tage, die wir zusammen verlebten. Wie vielen ist das jetzt nicht vergönnt.  Es ist jetzt ¾ 12 Uhr.  Wir haben Voralarm. Man hört auch mehrere Flieger. Die Kinder habe ich einstweilen noch im Bett gelassen. Ich gehe immer mal zur Haustür um zu horchen Vielleicht kann ich auch bald wieder schlafen gehen.  1.3. Der Alarm hatte nicht sehr lange gedauert.  Heute Morgen las ich in der Zeitung, daß Wohngebiete von Leipzig angegriffen worden sind. Du kannst Dir vorstellen, daß ich in großer Sorge um Dich bin. Gestern Nacht hatte ich solch schweren Traum, der mich ganz niederdrückte und heute steht nun noch vom Angriff was in der Zeitung. Ich gäbe sonst was drum, wenn ich jetzt die Nachricht von Dir hätte, daß Du gesund bist. Du mußt doch gesund sein, Du mein liebster, allerliebster Ernst. Das ist doch mein allergrößter Wunsch.  Laß mich nun wieder schließen, Du mein allerliebster Mann, und laß Dich herzlich grüßen und immer und immer wieder küssen von 

Deiner Annie.

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