Mittwoch, 3. Januar 2018

Brief 487 vom 2.1.1943


Mein liebster Ernst    !                                                                              Konstanz, 2.1.43

Heute erhielt ich Deinen lieben Brief vom 17.12. für den ich Dir vielmals danke. Ich habe darin gelesen, dass es Dich immer freut, zu erfahren, was wir so den Tag über machen. Ich dachte manchmal, es würde Dich vielleicht langweilen, wenn ich nur so alltägliches zu berichten habe. Aber wenn es Dich freut, so will ich es auch fernerhin so halten.
Von heute ist eigentlich nur wenig zu berichten. Vor allem mal ist scheußliches Wetter. Regen und Sturm. Am Vormittag, als ich in die Stadt fuhr, musste ich aufpassen, dass es mich nicht vom Rad runterpustete. Ich habe wieder die Zeitungen für Dich besorgt. Also manchmal könnte ich der Frau, wo ich sie hole, eine runterhauen. So ein dummes Weibsbild. Ein Gesicht zieht die immer, dass einem die Galle hoch kommt. Ich komme heute hin, sie gibt mir die Post. Ich sage: „Die Grüne Post gibt es wohl erst am Montag.“ „Wieso, die haben Sie doch schon am Donnerstag geholt.“ „Nein, ich war am Mittwoch da und habe den Illustrierten Beobachter bekommen,“ antwortete ich. Da habe ich dann auch die Grüne Post erhalten. Aber den Ton und das Gesicht bei dem „Wieso“ hättest Du sehen sollen. Du hättest sicher auch eine Wut gekriegt. Ich habe dann noch zum Sonntag eingekauft, dabei habe ich den Kindern auch zwei gefüllte Hörnchen mitgebracht. Da haben sie eine Freude darüber gehabt. Zuhause habe ich dann Essen gekocht. Nach dem Essen bin ich ins Waschhaus gegangen, um Wasser zum Baden fertig zu machen. Wir konnten doch diesmal am Donnerstag nicht gehen, weil das Bad bis 6.1. wegen Reparaturarbeiten geschlossen ist. Während das Wasser warm wurde, habe ich mal wieder den Keller aufgeräumt. Es war notwendig, denn jetzt im Winter ist es meist so, dass man alles nur schnell hinlegt, um wieder ins Warme zu kommen. Das häuft sich an, und heute war´s mir dann zu dumm. Ich konnte es nicht mehr mit ansehen. Ehe es zum Baden ging, habe ich noch schnell die Treppe geputzt, eigentlich nur die Hälfte, denn einen Teil hatte mir Helga schon abgenommen. Dann sind wir zum Baden gegangen. Es war auch wieder mal so schön, wenn man auch nicht schwimmen konnte. Als wir rauf kamen, klingelte es bald darauf, und Vater erschien. Es war kurz nach 5 Uhr. Jetzt liest Vater noch Zeitung. Die Kinder liegen schon im Bett.
Aus Deinem Brief habe ich auch gelesen, dass Du Butter, Honig und Mehl hast besorgen können. Das ist sehr fein. Ich freue mich fest. Aus dem Brief, den ich gestern erhielt, konnte ich ja ersehen, dass Du das Päckchen mit Mehl schon weggeschickt hast. Jetzt wollen wir nur hoffen, dass alles gut ankommt, denn alles hilft mir ja viel.
Bei den Zeitungen habe ich immer längeres Papier genommen, damit ich einen Teil in die Zeitung stecken kann. Dadurch kann die Zeitung nicht rausrutschen. Du fragst auch, ob ich nicht mehrere Zeitungen zusammenpacken könnte. Das habe ich früher ja auch getan, aber während der Weihnachtszeit, als eine gewisse Beschränkung im Feldpostverkehr bestand, ging es nicht. Eine Sendung durfte nur 20g wiegen, oder, falls es schwerer war, durfte es nur aus einem untrennbaren Stück bestehen, also nur aus einer Zeitung. Am Anfang habe ich mal einige Sendungen wieder mit heim nehmen müssen, da ich mehrere Zeitungen zusammengepackt hatte. Jetzt wird es wahrscheinlich wieder anders sein.
Wir hatten doch zwei Schirme, die kaputt gegangen waren. Heute Mittag kam eine Frau, die nach reparaturbedürftigen Schirmen fragte. Ich hatte sie mitgegeben und am Nachmittag brachte sie sie wieder. Die Reparatur hat 3 Mk. gekostet. An einem Schirm waren 2 Stangen gebrochen. Am anderen auch eine Stange, der Griff war nicht mehr fest und der Bezug war nicht mehr ganz einwandfrei. Die Stangen sind gemacht worden, der Griff befestigt, beim Bezug ist oben ein rundes Stück unterlegt worden. Vater meinte, die Kosten wären nicht zu hoch. Nun kann man die Schirme wenigstens wieder benutzen.
Morgen werde ich wahrscheinlich wieder mehr schreiben. Heute bin ich schon ein Bisschen abgespannt. Da Vater gleich fort geht, gehe ich noch bis zum Briefkasten mit und schaffe den Brief fort.
Nun mein lieber, guter Ernst, mein lieber Mann, sei recht herzlich gegrüßt und geküsst von Deiner Annie.

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