Mittwoch, 3. Januar 2018

Brief 477 vom 22./23.12.1942


Mein liebsterErnst!                                        Konstanz, 22.12.42

Vom heutigen Tag ist nicht viel zu berichten. Ich war immer daheim. Erst habe ich aufgeräumt, dann etwas gewaschen, gebügelt, Essen fertig gemacht. Es gab Kartoffelpuffer mit Backobst. Nach dem Essen habe ich mich ans Stopfen gesetzt. Da ist doch immer was zu tun. Später habe ich wieder Schuhe repariert. Wegen Schuhen hat Jörg heute auch feste Wichse bekommen. Ich habe ihm schon immer gut zugeredet, er soll ein Bisschen vorsichtig damit umgehen. Dass ab und zu mal was hin geht, das lässt sich nicht ändern, aber bei ihm wurde es mir doch zu viel. Jeden Tag ist bald was kaputt. Und dabei sehen die Schuhe immer aus…. Man meint, man bekommt sie nicht mehr sauber. Dabei habe ich doch schließlich nicht so viel Schuhcreme. Man bekommt sie doch so schlecht. Heute hatte ich ihm wieder gesagt, er soll sich mit den Schuhen in Acht nehmen, wir hatten erst vor, Nachmittag in die Stadt zu gehen. Mittags kam er wieder mit Schuhen heim, ich war sprachlos.
Es stellte sich nachher heraus, dass er, trotzdem ihn Helga nochmal an sein Versprechen erinnert hat, in einem frisch ausgehobenen Graben herum gelaufen ist. Da hatte es aber geschnappt. Hinterher sagte er dann, ich soll es ihm nochmal verzeihen. Das ist natürlich auch geschehen und wir haben uns bald wieder vertragen.
Helga ist am Nachmittag noch fortgegangen, um was für mich zu kaufen. Sie hat Dir´s im beiliegenden Brief auch geschrieben, wie sie mir sagte. Als sie heim kam, haben wir Abendbrot gegessen, dann haben wir noch ein Weilchen zusammengesessen und haben ein Bisschen Spaß gemacht, dann musste ich noch ein Bild malen, das Jörg ausgemalt hat. So war dann die Schlafenszeit herangekommen. Die Kinder liegen jetzt im Bett.
Am Nachmittag kam ein Päckchen von Dir an, das Du Deinem Kameraden mitgegeben hast. Ich öffne es zu Weihnachten. Aber danken möchte ich Dir jetzt schon dafür.
Den Weihnachtstisch habe ich schon vorgerichtet. Die Kinder werden sich zum Heiligen Abend sicher freuen, denn sie werden ja reichlich beschenkt. Morgen schmücke ich den Weihnachtsbaum. Am Donnerstag wird es zu spät, denn da wollen wir am Vormittag baden gehen. Da geht auch für die Kinder der Tag schneller vorbei, als wenn sie immer daheim sitzen. Jörg will doch wieder fest schwimmen. Er meint immer, er hätte es sicher nur geträumt, dass er mit dem Schwimmgurt schon schwimmen kann. Nun will er´s wieder ausprobieren.

23.12.

Wir wollen jetzt zusammen in die Stadt gehen. Ich muss noch den Zahnschein für Jörg besorgen, da ist doch nur morgens auf. Sonst wären wir gestern Nachmittag gegangen. Gleichzeitig besorge ich noch die Lebensmittel, denn morgen ist in allen Geschäften Hochbetrieb. Da mag ich nicht gehen.
Nun lass mich schließen. Ich grüße und küsse Dich ganz herzlich, Deine Annie.

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