Dienstag, 25. Juli 2017

Brief 380 vom 19.7.1942


Mein liebster Ernst !                                                              Konstanz, 19.7.42

Heute bekommst du nun die gewünschten Abschriften. Das vorige Mal habe ich also nicht alles richtig gemacht. Hoffentlich ist es diesmal besser.
Auch auf die Gefahr hin, dass Du mich plötzlich für vergnügungssüchtig hältst, muss ich dir sagen, dass ich gestern nochmal im Kino war, und zwar habe ich mir den ersten Farbtonfilm angesehen. Ich muss sagen, er hat mir gut gefallen. Er heißt „Frauen sind doch die besseren Diplomaten“ mit Marika Rökk. Als ich mit den Kindern in die Stadt fuhr, sie mussten doch zum Turnen,  trafen wir Resi. Die wollte auch in denselben Film. Wir sind dann zusammen gegangen. Wie ich erfuhr, war sie jetzt ca. 8 Wochen im Krankenhaus. Sie ist operiert worden, hatte zwei eingeklemmte Brüche, Gebärmutterknickung und noch etwas, ich hab´s vergessen. Seit vergangener Woche ist sie wieder zuhause, muss nur mit dem einen Bein noch etwas steif gehen, weil die Operationsnarbe vom Leib bis zum Schenkel geht und noch ziemlich frisch ist. Fritz ist an der Kanalküste als Melder an einem Granatwerfer. Wie mir Resi sagte, kommt bei Lämmels bald das 6.Kind an. Ihre Schwester Friedhild, die seit 2 Jahren mit einem von der Gestapo verheiratet ist, bekommt fast zur gleichen Zeit eins.
Als wir heim kamen, waren deine beiden lieben Briefe vom 30.6. und 2.7. angekommen. Ich hab mich riesig gefreut. Als ich las, dass Du noch alle Abschriften brauchst, habe ich mich gleich gestern Abend noch daran gesetzt und bin auch fast fertig geworden. Den Rest habe ich heute Morgen geschrieben und will nun gleich noch deine lieben Briefe beantworten.
Sehr interessiert hat mich dein Brief über die fremdländischen Soldaten. Ich hatte schon in dem einen Vortrag über Sewastopol von tatarischen Soldaten gehört, meinte aber dann, ich hätte mich verhört. Da hieß es auch, dass diese sich gut geschlagen haben. Die Leute dort werden unter den Partisanen auch zu leiden haben, dass sie froh sind, wenn sie ihnen nicht wehrlos gegenüber stehen müssen.
Das Geld von Frankreich ist bisher noch nicht zurückgekommen, und so glaube ich, dass die Dienststelle die Angelegenheit doch erledigen konnte.
Zum Geburtstag warst Du also wahrscheinlich gar nicht in deiner Unterkunft. Na, vielleicht habt ihr hinterher gefeiert. Hoffentlich ist trotzdem dein Geburtstag nicht gar so schlecht verlaufen.
Es ist heute wieder sehr heiß. Ich habe vor, mit den Kindern heute Nachmittag baden zu gehen. Da muss ich aber jetzt noch fest schaffen, damit ich wenigstens mit dem Nötigsten fertig werde.
Ich grüße und küsse Dich recht herzlich, Deine Annie.

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