Mein lieber Ernst ! Konstanz, 14.7.42
Heute bekam ich deinen lieben Brief vom 1.7., in dem du
wegen den Papieren wegen der Stadt anfragst. In deinem Luftfeldpostbrief
hattest du ja deine Bitte wiederholt, so daß ich die Sachen schon vor einigen
Tagen wegschicken konnte. Originalbriefe habe ich ja keine weggeschickt,
sondern Abschriften gemacht, soweit solche nicht schon vorhanden waren. Ich
hoffe, dass ich alles richtig gemacht habe. Ich bin gespannt, ob du bei der
Stadt etwas erreichen wirst, an Befürwortung von deinem Chef fehlt es scheinbar
nicht.
Das Päckchen Nr.9 mit Brot kam heute auch an. Ein kleiner
Fleck war schimmelig, alles andere ist gut zu verwenden und zwar nicht nur als
Suppe usw. sondern es ist noch so weich, dass wir´s schneiden und mit Butter
beschmiert essen können. Ein paar Brote haben wir heute schon gegessen und es
hat sehr gut geschmeckt. Wir danken dir sehr dafür.
Den heutigen Tag habe ich in der Hauptsache mit nähen
verbracht. Gestern Abend habe ich drüben die Stachelbeeren von den Sträuchern
gepflückt. Es waren noch 8 Pfund. Die habe ich heute in Flaschen eingemacht.
Die beiden Sträucher haben 15 Pfund Beeren gehabt. Dabei ist nicht
mitgerechnet, was die Kinder so gegessen haben. Ein paar Pfund macht es sicher
aus. Vom großen Bäumchen habe ich bis jetzt 8 ½ Pfund geholt, vom kleinen 6
Pfund. An beiden sind aber noch viele Beeren dran.
Heute habe ich auch die ersten 3 Pfund Buschbohnen
gepflückt. 1 Pfund habe ich davon Vater gebracht, ebenso einige Stachelbeeren.
Er hat mir dafür gleich wieder 1 Pfund Nudeln mitgebracht.
Von Samstag ab haben die Kinder Ferien. Vorher bekomme sie
ja noch Zeugnisse.
15.7.
Ich nehme den Brie jetzt mit, wenn ich einkaufen fahre und
Jörg dabei gleich in die Schule bringe. Das mag er gern, wenn er fahren kann.
Er kommt mittags auch öfter mal mit dem Omnibus heimgefahren, wenn es andere
Buben bezahlt haben. Er findet immer wieder jemand der es ihm bezahlt. Helga
dagegen mag das gar nicht, sie fährt auch nicht mit, wenn es ihr jemand bezahlen
will, wie es schon öfter der Fall war. Sie sagt, ich will nicht, dass jemand
sagen kann, er hat mir was bezahlt und mir´s dann vorhalten kann.
Ich grüße und küsse dich, mein lieber Ernst, recht herzlich,
Deine Annie.
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