Dienstag, 25. Juli 2017

Brief 376 vom 14./15.7.1942


Mein lieber Ernst !                                                  Konstanz, 14.7.42

Heute bekam ich deinen lieben Brief vom 1.7., in dem du wegen den Papieren wegen der Stadt anfragst. In deinem Luftfeldpostbrief hattest du ja deine Bitte wiederholt, so daß ich die Sachen schon vor einigen Tagen wegschicken konnte. Originalbriefe habe ich ja keine weggeschickt, sondern Abschriften gemacht, soweit solche nicht schon vorhanden waren. Ich hoffe, dass ich alles richtig gemacht habe. Ich bin gespannt, ob du bei der Stadt etwas erreichen wirst, an Befürwortung von deinem Chef fehlt es scheinbar nicht.
Das Päckchen Nr.9 mit Brot kam heute auch an. Ein kleiner Fleck war schimmelig, alles andere ist gut zu verwenden und zwar nicht nur als Suppe usw. sondern es ist noch so weich, dass wir´s schneiden und mit Butter beschmiert essen können. Ein paar Brote haben wir heute schon gegessen und es hat sehr gut geschmeckt. Wir danken dir sehr dafür.
Den heutigen Tag habe ich in der Hauptsache mit nähen verbracht. Gestern Abend habe ich drüben die Stachelbeeren von den Sträuchern gepflückt. Es waren noch 8 Pfund. Die habe ich heute in Flaschen eingemacht. Die beiden Sträucher haben 15 Pfund Beeren gehabt. Dabei ist nicht mitgerechnet, was die Kinder so gegessen haben. Ein paar Pfund macht es sicher aus. Vom großen Bäumchen habe ich bis jetzt 8 ½ Pfund geholt, vom kleinen 6 Pfund. An beiden sind aber noch viele Beeren dran.
Heute habe ich auch die ersten 3 Pfund Buschbohnen gepflückt. 1 Pfund habe ich davon Vater gebracht, ebenso einige Stachelbeeren. Er hat mir dafür gleich wieder 1 Pfund Nudeln mitgebracht.
Von Samstag ab haben die Kinder Ferien. Vorher bekomme sie ja noch Zeugnisse.

                                                                                                            15.7.

Ich nehme den Brie jetzt mit, wenn ich einkaufen fahre und Jörg dabei gleich in die Schule bringe. Das mag er gern, wenn er fahren kann. Er kommt mittags auch öfter mal mit dem Omnibus heimgefahren, wenn es andere Buben bezahlt haben. Er findet immer wieder jemand der es ihm bezahlt. Helga dagegen mag das gar nicht, sie fährt auch nicht mit, wenn es ihr jemand bezahlen will, wie es schon öfter der Fall war. Sie sagt, ich will nicht, dass jemand sagen kann, er hat mir was bezahlt und mir´s dann vorhalten kann.
Ich grüße und küsse dich, mein lieber Ernst, recht herzlich, Deine Annie.

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