Mein liebster Ernst! Konstanz,
2.7.42
Am Nachmittag erhielt ich Deinen lieben Brief vom 20.6. An
diesem Tag hattest Du ja endlich wieder einmal reichlich Post von uns erhalten.
Das Verhältnis zwischen Papa, Siegfried und mir hat sich ja
inzwischen soweit geklärt, dass Siegfried ziemlich das tut, zu was ich ihm
geraten hatte. Mit papa komme ich ja nicht gleich ins Reine, das sehe ich
schon. Ich werde ja sehen, was er auf meinen letzten Brief schreibt. Gequält
hat mich die ganze Sache ja schon sehr, und mein Kopf war manchmal wie
ausgebrannt. Aber ich denke, dass ich das Schlimmste hinter mir habe. Ich werde
es schon selber noch durchfechten. Vielleicht ist es am besten, daß du auf
alles gar nicht erste eingehst, wenn nichts Besonderes kommt. Bei dem
Entschluss, schon im Herbst zu heiraten, hat das Fräulein bestimmt viel
mitgewirkt. Sie will eben so schnell als möglich heiraten. Wenn Papa noch oft
von dem ganzen Kram schreibt, teile ich ihm mit, dass ich nicht mehr darauf
eingehe.
Heute Morgen habe ich wieder zwei Zeitungen an dich
abgeschickt. Die „Post“ und „Das Reich“ war noch nicht da. Ich bekomme es am
Samstag. Während die Kinder am Nachmittag im Turnen waren, bin ich im Kino
gewesen. „Der ungetreue Ekkehard“ mit Hans Moser, Rudi Godden und Theo Lingen
wurde gespielt. Man hat viel lachen müssen.
Heute Abend habe ich noch Marmelade gekocht. Drei Pfund
Stachelbeeren habe ich vom großen Bäumchen auch noch abgemacht, weil es zu voll
hängt. Die koche ich morgen ein. Bis jetzt habe ich im ganzen 14 Pfund
Stachelbeeren und 16 ½ Pfund Jonannisbeeren abgemacht. Morgen bekommen wir auf
die Mangelkarte Fisch zugeteilt. Da muss ich gleich um 8 Uhr fahren, damit ich
evtl. Felchen erwische.
3.7.
Gerade komme ich wieder Heim. Es ist ½ 10 Uhr. Seit um 8
habe ich nach Fischen angestanden. Aber ich habe auch 6 schöne Silberfelchen
bekommen. Das wird ein gutes Essen heute, zwar auch ein bißchen teuer. Aber
einmal können wir uns das schon leisten. Am Nachmittag gibt es wahrscheinlich
Kirschen. Da möchte ich auch für Vater mal welche mitbringen, denn abends
bekommt er nie mehr welche. Seine Karte habe ich ja hier. Man verläuft bei
diesen Sachen ja viel Zeit. Nur gut, dass ich das Rad habe.
Für heute grüße und küsse ich dich wieder recht herzlich,
Deine annie.
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