Sonntag, 2. Juli 2017

Brief 362 vom 23.6.1942


Mein liebster Ernst!                                                               Konstanz, 24.06.42

Vorhin erhielt ich deinen Luftfeldpostbrief vom 14.6. Er ist am 17. Abgestempelt. Ich habe vorhin gerade die Abschrift des Anstellungsschreibens und des Anfrageschreibens, ob du in das Beamtenverhältnis eintreten willst, gemacht. Das Prüfungsergebnis der Schule habe ich dir ja schon vor längerer Zeit zugeschickt. Ich bin mir nur noch nicht im Klaren, welche Unterlagen du noch brauchst. Alle Auszüge aus dem BGB oder noch etwas anderes? Und hast Du etwas, wo ich es abschreiben kann, oder muss ich da zur Stadt? Vielleicht kannst du mir´s nochmal schreiben.
Und wegen der Ahnenforschung. Wegen des Sterbedatums der Henriette Brose hast du noch nicht nachgefragt, nur nach dem ihres Mannes, Martin Böttger. Da musst Du nach „St. Marien – Bernburg – Altstädter Kirchhof“ schreiben, die dir dann mitteilen, dass er in dem Stift nicht gestorben sei und Dein Schreiben an das Standesamt Bernburg weitergeleiten haben. Bei der Urkunde über die Heirat des Belger, Leopold stimmt was nicht ganz. Bei der Mutter des Bräutigams ist angegeben Elisabeth, geb. Böhme. Nun haben wir im Ahnenpass (nach dem Ahnenpass von Paula beglaubigt) stehen: Maria Elisabeth, geb. Franken. Was ist nun richtig? Bei der Mutter der Braut steht da: Maria Christiane, geb. Herm (bei uns Harm). Das ist ja nicht so schlimm, denn so kleine Änderungen kommen ja immer vor. Wenn du ja noch einmal nachfragen willst, so lautet die Urkunde: „Auszug aus dem Trauregister der ev. Pfarrkirche St. Bartholomäi in Zerbst, Jahrgang 1842, Seite 139, Nr. 17.
Heute kam auch dein Päckchen Nr.5 mit der Schokolade an. Da ist ja sogar eine Milchschokolade dabei. Die werde ich den Kindern teilen. Ich denke, dass du nichts dagegen hast, wenn sie die jetzt schon essen. Milchschokolade haben sie ja schon lange nicht mehr gehabt. Von dem Käse, der gestern ankam, haben wir auch schon etwas gegessen. Du fragst noch an, wie seinerzeit die Butter angekommen sei. Sehr gut, das Papier war gar nicht mit Fett durchdrungen. Von außen hat man nicht sehen können, was drin war. Ich habe die Butter noch gut auslassen können. Sie steht jetzt noch mit im Keller, bis ich sie brauche.
Dass Jörg viel auf der Straße mit anderen Buben zusammen ist, das merke ich schon. Manchmal hat er einen Ton an sich und brüllt hier herum, dass es schon nicht mehr schön ist. Ich muss immer meine ganze Energie zusammen nehmen, um ihm Herr zu werden. Und meckern kann er, an allem hat er etwas auszusetzen, sobald ihm nicht alles nach Wunsch geht. Ich glaube, da hat er von Deinem Vater ein bisschen ein Erbteil bekommen. Es klingt nämlich manchmal genauso. Andernteils kann er auch wieder sehr lieb sein, wenn er merkt, er wird nicht Herr und wenn er seine gute Zeit hat. Wenn´s mir ja zu dumm wird, dann verwichse ich ihn mal gründlich.
Mit der Geldsendung nach Frankreich ist es ja nun ganz dumm. Nun habe ich doch schon an die alte Feldpostnummer geschrieben. Na, es kann ja nichts weiter geschehen, als dass sie es zurück schicken, denn behalten können sie es doch nicht, nicht wahr? Aber vielleicht kannst Du mal anfragen, ob es dort eingetroffen ist. Sollte es zurückkommen, werde ich es an die neue Nummer schicken. Wie willst Du evtl. noch restliche 80.- bezahlen? Soll ich jeden Monat etwas weglegen und es dann auch schicken? Oder wie willst Du es machen? Denn schön wär´s doch, wenn wir alles bezahlt hätten.
Ich will diesen Brief auch per Luftpost schicken. Ob ich zwar die Abschriften auch beilegen kann, glaube ich nicht. Dazu wird es wohl nicht mit dem Gewicht langen. Aber ganz so eilig werden sie ja wohl nicht sein. Damit du mir wegen der Unterlagen evtl. schreiben kannst will ich dir noch mitteilen:
Beim Anstellungsschreiben steht da, dass zur rechtlichen Beurteilung der dienstlichen Beziehungen die §§611-639 BGB (Dienstvertrag) maßgebend sind, beim anderen Schreiben, dass du in die Vergütungsgruppe VII der TO.A eingereiht bist nach Ziffer 22 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Anwärter des mittleren Dienstes zum außerplanmäßigen Stadtassistenten ernannt wurdest. (Diese Unterlagen habe ich dir ja geschickt.)
Die Vergütung als außerplanmäßiger Assistent ist aufgrund der Vergütungsordnung für außerplanmäßige Assistenten (Badisches Gesetz- und Verordnungsblatt 1936 S.166 §2 und 3, Badisches Gesetz- und Verordnungsblatt 1937 Seite 309) festgesetzt. Da aber deine Bezüge als Angestellter höher wären, erhältst Du diese weiter.
Nun will ich aber schließen und noch in den Garten gehen, um Erbsen für heute Mittag zu holen. Außerdem muss ich noch Wasser zum Gießen herausstellen.
Ich danke dir noch recht herzlich für deine lieben Päckchen und grüße und küsse dich vielmals recht fest Deine Annie.

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