Mein lieber, lieber Ernst! Konstanz, 12.6.42
Ich danke dir vielmals für deinen lieben Brief vom 30.5., in
dem du mir noch den langen Brief beantwortest.
Ja, im Garten bin ich mit allem fertig geworden. Den Salat,
den wir jetzt gegessen haben, hast du im vergangenen Jahr gesetzt. Der neue ist
noch nicht soweit. Das Bohnenstangen fertig machen hatte mich schon ein bißchen
geschlaucht, aber ich habe es ja fertig bekommen. Ich wollte nicht bis spät
abends warten, dass Vater dann anfing. Du weißt ja, er macht dann alles erst so
umständlich.
Die Zeitungssendungen von dir vermisse ich schon. Aber dafür
habe ich jetzt die große Freude, dir welche schicken zu können. Das freut mich
so, du glaubst es gar nicht. Hoffentlich macht es dir auch ein wenig Freude,
denn wie ich heute wieder aus deinem Brief lese, seid ihr ja dort mit Lesestoff
schlecht versorgt.
Das Geld an den Henkes, bzw. an die Dienststelle, schicke
ich nun fort, nachdem du nun geschrieben hast, dass es schon richtig wäre. Der
Wittenburg hat mir ja bisher nicht geantwortet und ich habe mich scheinbar doch
getäuscht, als ich meinte, du hättest wegen der Restschuld nach Frankreich
geschrieben. 70.-Mk. bringe ich auf den Weg. Wegen dem Rest erkundigst du dich
doch wohl selber? Den kann man ja vielleicht später noch schicken.
Den anderen Handarbeitsunterricht besucht Helga jetzt nicht
mehr, da sie mit ihrer Arbeit fertig ist und die neue beginnen sie erst. Es
kommt eben darauf an, wie sie wieder nachkommt. Das Bratkartoffeln braten hatte
ich ihr nicht gezeigt, aber sie sagte, sie hätte ja schon gesehen, wie ich es
mache. Beim Kuchen backen hat sie fleißig mitgeholfen, nur das kneten wollte
noch nicht so gehen. Da fehlt die Übung noch.
Die Patronen hat Jörg ja nicht mehr, weil er dafür das Seitengewehr
eingetauscht hat. Wenn Du noch etwas Zwiebelsamen bekommen hast, so reicht er
mir gut. Ich habe ja bisher erst eine Tüte verbraucht, damit ich nächstes Jahr
noch etwas habe.
Nachdem ich den neuen Tarif im Licht habe, spüre ich die
Erhöhung des Lichtverbrauchs nicht mehr so. Wenn der Apparat mehr so Strom
verbraucht, so habe ich beim hören aber auch mehr Genuß, als beim alten Radio,
wo man immer die Ohren spitzen musste, um etwas zu verstehen. Und der Ton ist
auch viel schöner.
Ich sende dir heute ein Kurzgeschichtenheft mit. Es sind
gute Sachen und kein Kitsch. Wenn Du´s gelesen hast, kannst du es ja wegwerfen.
Für heute grüße und küsse ich dich wieder recht herzlich und
bin in Gedanken immer bei dir, Deine Annie.
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