Sonntag, 4. Juni 2017

Brief 343 vom 3.6.1942


Mein liebster Ernst!                                                   Konstanz, 3.6.42

Einen Brief habe ich auch heute nicht von dir erhalten, aber Besuch haben wir bekommen. Kurt ist da. Wohnen und essen tut er ja bei Paula. Aussehen tut Kurt gut, er ist ganz braun gebrannt. Seine zwei Wunden befinden sich auf dem Rücken auf dem Schulterblatt. Wie er sagt, sind sie noch nicht ganz verheilt, er hat sich aber freiwillig aus dem Lazarett gemeldet, da ihm verschiedenes nicht gefallen hat. Vor allem das Essen. Bei der Genesungskompanie, wo er jetzt ist, hat er´s besser. Urlaub hat er 14 Tage, vom Lazarett aus eigentlich 4 Wochen, aber von der Kompanie aus ist er ihm gekürzt worden. Diesmal will Kurt, wie er sagt, nicht so viel wegen anderen Leuten herumlaufen, sondern sich ausruhen und ein paar Mal wegfahren, z.B. nach Bregenz. Heute Vormittag kam Kurt mit dem Hund von Paula. Das ist ein ulkiges Vieh. Wir haben ihm ein paar Lumpen gegeben, die hat er nach allen Regeln der Kunst zerfetzt. Verspielt ist der Kerl. Leider war nur Helga da. Jörg war noch in der Schule. Nun hat Kurt vorhin, als er noch mal hier war, vorgeschlagen, dass er ihn morgen noch mal mitbringt. Kurt sagte aber, Jörg muss sich mehr vorsehen, Buben mag der Hund nicht so gern, da sie ihm öfter Steine nachwerfen. Jetzt sind die Kinder mit ihm zum Vater runter gegangen. Er will nur einen Zettel hinlegen, dass er morgen Abend runter kommt, heute will er zeitig schlafen gehen, da er gestern nur drei Stunden geschlafen hat.
Ehe Kurt am Vormittag kam, habe ich im Garten aufgeharkt. Es ist schade, dass heute so ein starker Ostwind weht, der trocknet den Boden so schnell aus. Es könnte mal ein paar Tage warm und windstill sein.
Am Nachmittag haben wir gebadet, hinterher habe ich noch etwas gewaschen. Nun ist der Tag schon wieder vorbei. Gerade sind die Kinder und Kurt wieder heim gekommen. Er schreibt gerade noch einen Gruß an dich unter den Brief.
Ich grüße und küsse dich für heute wieder herzlich, Deine Annie.

Bis in einigen Tagen schreibe ich dir. Heute grüßt dich vielmals Kurt.

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