Mein liebster Ernst! 30.9.44
Wieder einmal Wochenende. Diemal kann ich ja schon etwas
besser laufen als am vorigen Samstag.
Das eine Dumme ist nur, daß der Fuß
gleich mächtig anschwillt. Da muß ich ihn dann gleich wieder hoch legen.
Aber im allgemeinen bin ich mit dem
Fortschritt zufrieden. Unser Jörg hat
am Morgen 2 Stunden geschafft. Am Nachmittag haben sich Helg und Jörg vom
Dienst frei geben lassen und haben 2 Reihen Kartoffeln mit 27 Pfund raus
gemacht. Vielleicht hätten sie noch mehr tun können, aber dazwischen mußten sie
unter den Brombeeren zwei Vögel begraben, die sie in den Gärten gefunden
hatten. Es war eine Meise und ein Rotschwänzchen. Sogar 2 kleine Kreuzchen hat
Jörg gezimmert. Am Mittwoch hatte es
bei Tag ein paar Mal gewummert, daß alle Fenster und Türen klapperten.
Wir
wußten garnicht, was los war. In der Schweiz muß es gewesen sein. Heute stand
nun in der Zeitung, daß amerikanische Flieger die ThurBrücke bei Felben
(zwischen Weinfelden und Frauenfeld) angegriffen hatten. 6 Bomben haten sie geworfen
Die Brücke haben sie nicht getroffen. Durch Bordwaffen ist sie noch beschädigt
worden. Heute hatt die Schweiz 7 oder 8 mal Alarm. Während eines Alarms hat es
wieder in der Schweiz ein paar Mal mächtig gekracht. Was wird da wieder gewesen
sein? Wir hatten auch 2mal Voralarm. Vor ein paar Tagen ist auch wieder ein Zug
bei Allensbach beschossen worden. Auf alle mögliche Weise versuchen es unsere
Feinde jetzt. Heute haben wir den 6ten
Beutel mit Apfelringen gefüllt. Neue Ringe habe ich schon wieder aufgehängt. Am Dienstag haben wir große Luftschutzübung.
Ich kann ja dieses Mal zuschauen, das ist auch mal ganz schön.
In der vergangenen Nacht habe ich so
wunderschön von Dir geträumt. Wenn man doch seine Träume selber bestimmen
könnte, dann möchte ich jede Nacht von Dir träumen. In der vergangenen Nacht
war ich mit lauter fremden Menschen zusammen. Plötzlich faßt mich jemand am
Arm. Ich schaue mich um, da bist Du es. Da durchströmte mich ein ungeheures
Glücksgefühl. Ich wußte auch im Traum, ich gehöre zu Dir. Es war dasselbe
Glücksgefühl wie an dem Tag, als Du so unverhofft auf Urlaub kamst. Es war
heute Nacht eine so glückliche Erlösung, als Du plötzlich bei mir standest. Ich
fühle diese Freude jetzt noch und die Sehnsucht, auch nachher wieder von Dir
träumen zu dürfen. Nun laß mich
schließen. Bleib immer gesund, mein liebster Mann, und laß Dich herzlich und
innig grüßen und küssen von
Deiner Annie.
Liebes Vaterle!
Wir haben jetzt schon über einen Zentner Kartoffeln
rausgemacht. Freut Dich das? Einmal habe ich im ganzen 24 Pfund Äpfel mit dem
Apfelpflücker runtergemacht. Viele Grüße und 1000000000 Küsse von
Deiner Helga.
Liebes Vaterle!
Morgen mache ich noch Äpfel mit dem Apfelpflücker runter.
Wie
Dir Mutterle schon schrieb, habe ich auch schon einmal 16 Pfund runtergemacht.
Viele 1000 Grüße und 1000000 mal 9000000000000000 Küsse von
Deinem Jörg.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen