7.9.
Mein liebster Mann!
Nun ist auch mein Geburtstag heran gekommen. Gleich früh haben mir die Kinder
beschert. Gewünscht haben sie mir Gesundheit und daß Du vor allem gesund wieder
heim kommst. Das letztere ist auch mein größter Wunsch. Geschenkt haben sie mit 1 Brettrost zum
Draufstehen, Türdichtungsstreifen aus Filz, Leuchtplaketten, blaue Holzknöpfe,
Aufklebestreifen für Schulhefte, schwarzes Einschlagpapier für Hefte, buntes
Glanzpapaier, 1 kl. Beutelchen, 1,26 M, 1 Mittel gegen Kesselstein, 1
Scherzbarometer mit 1 Strick dran. Du wirst es sicher kennen. Wenn der Strick
trocken ist, scheint die Sonne, wenn er naß ist, regnet es usw. Zum Frühstück hatte ich einen Kuchen
gebacken. Helga ging wieder zum Tee
sammeln und Jörg spielt im Hof. Ich fuhr in die Stadt und habe den entwickelten
Film abgeholt. Schade, daß ich jetzt keine Abzüge davon bekommen kann. Die
Bilder wären schön. Auf dem Heimweg habe ich beim Gemüsegeschäft Zwetschgen
geholt. Da ich auch noch vom Sommer her einmal Nummern zugut hatte, bekam ich
18 Pfund Zwetschgen. Da habe ich gleich meine restlichen Gläser damit gefüllt
und sterilisiert. Die anderen haben wir zum Abendbrot gegessen. Ich bin heute
früh gleich noch zu Vater hingefahren und habe auch für ihn die Zwetschgen
besorgt, sonst kommt er doch immer zu spät hin. Am Nachmittag gab Herr Gauggel
mir Bescheid, daß ich nach 5 Uhr drei WAgen Mist holen könnte. Ich bin einstweilen noch in den Garten
gegangen und habe an dem schrägen Stück die Erdbeeren ausgeputzt. Ich wollte es
auch noch umgraben, aber da fing es an zu regnen. Ich bin rauf gegangen und habe an Papa, Siegfried und Erna
geschrieben. Nach 5 Uhr bin ich mit Helga Mist holen gefahren. 3 Wagen habe ich
bekommen und weitere drei soll ich in ca. 14 Tagen holen. Dann habe ich
wenigstens etwas da. ½ 8 Uhr waren wir mit holen und mit Wagen waschen fertig.
Inzwischen haben wir gegessen und die Kinder sind im Bett. Ich gehe auvh bald,
denn ich bin recht müd geworden.
8.9.
Ich bin gleich schlafen gegangen. In der Nacht hatten wir ¼
Stunde lang Alarm. Die Flieger waren in Karlsruhe. Heute Morgen habe ich die Erdbeeren noch umgegraben. Dann bin ich
mit Jörg losgefahren. Wir haben zuerst Lumpen und Papier in die Schule
geschafft, dann sind wir zum Kohlenhändler gefahren und haben 3 Sack Holz
geholt. Das habe ich am Nachmittag eingeschichtet. Ernst, ich muß Dir was schreiben. Ich will ab Montag wieder mit
nähen gehen anfangen. Sei bitte nicht böse, aber ich kann nicht daheim sitzen,
wenn alles so auf Entscheidung drängt und alles schafft. Du kennst mich ja, ich
bin nun mal so. Ich schäme mich, wenn ich so daheim sitze.Ich schicke Dir nun
den dritten Teil des Briefes, den ich bisher geschrieben habe. Der Brief wird
sonst zu schwer. Vorhin erhielt ich
gerade Deinen lieben Brief vom 4.9. mit der neuen Feldpostnummer. Da sollst Du
nun nicht mehr unnötig wart en. Aus Deinem Brief ersehe ich, daß Du es doch schon
wieder ziemlich hart hast. Bleib mir gesund, Du mein liebster, bester
Ernst.
Mein liebster Ernst! 9.9.
Wochenende und eine große Freude. Ich erhielt Deinen lieben
Brief Nr. 46 vom 1.9. Die Nummer 45 fehlt noch. Eines trübt mir die Freude, daß
Du nun schon wieder an der Frotn stehst und gerade an gefährlicher Stelle, denn
gerade am Narew wird am meisten gekämpft. Den Zeitungsausschnitt habe ich
gelesen und er hat mich sehr interessiert. Wenn es so käme, wie der schreibt,
wäre es schon gut. Hoffnung haben wir ja alle noch. Du erinnerst an unseren Hochzeitstag. Daran denke ich auch so
gern, vor allem, weil die darauf folgenden Jahre so schön und ohne
Enttäuschungen waren. Ich war mit Dir wirklich „nicht gerade unglücklich“ wie
Du schreibst, sondern froh und glücklich. Ich bin jetzt wie am ersten Tag froh,
daß ich Deine Frau bin. Ein schöneres Los kann ich mir nicht vorstellen. Ich war heute die meiste Zeit im Garten. Am
Morgen habe ich im großen Garten die Erdbeeren ausgeputzt und um gegraben. Am
Nachmittag habe ich das Stück nochmals mit Mist umgegraben, welches Du schon
umgegraben hattest. DArauf habe ich die 2 Reihen Erdbeeren gesetzt. Jörg hatte am Nachmittag Dienst. Zu Helga
kam ihre Freundin Hilde und fragte, ob sie mit nach Meersburg Zwetschgen holen
ginge. Helga war Feuer und Flamme. ¾ 8 Uhr kam sie heim mit 23 Pfund
Zwetschgen. 4,20 M hat sie bezahlt. Sie sind bis Stetten gelaufen, ehe sie was
bekommen hatten. Auf dem Land werden sie ja direkt überlaufen. Die
Wollmatingerstraße lang nach Wollmatingen zu fuhr 1 Rag nach dem anderen mit
Körben. Als Jörg vom Dienst heim kam, habe ich ihn zum Kartoffeln auflesen mit
angestellt. Ich hatte einen Eimer voll raus gemacht. Jetzt haben wir ca. 110
Pfund geerntet. Zuletzt hat Jörg noch den mist mit Erde abgedeckt. Als ich ihm
dann sagte, er möchte mir nochmals die Gabel geben, wirft er sie mir vor lauter
Übermut zu und in dem Moment habe ich auch schon aufgeschrien, denn ein Zinken
der Gabel war mir durch den Fuß gefahren. Zuerst ist sie durch den Gurt der
Sandalen, dann durch meinen Fuß und dann ins Holz der Sandale. Ich bin auch
gleich rübergehumpelt. Jörg ist gleich zu Dr. Bundschuh gefahren und hat
gefragt, was ich machen soll. Er hat gleich einen Balsam und eine Binde
mitbekommen. Jetzt um 10 Uhr ist
Dr. Bundschuh noch gekommen und hat mir
eine Spritze gegen Wundstarrkrampf gegeben. Außerdem muß ich morgen ins Bett,
da es sonst schlimmer werden könnte. Da muß ich wohl folgen, nicht wahr? Für
heute gute Nacht, mein liebster Ernst!
Mein liebster Ernst
! 11.9.44
Gestern habe ich einmal nicht geschrieben. Mein Fuß hat mir
ziemlich weh getan. In der Nacht von Samstag zum Sonntag ist mirs mal eine
Weile elend schlecht gewesen. Ob das von der Spritze kam. Vorhin war der Arzt
da. Er war ganz zufrieden mit dem Aussehen der Wunde. Nur weh getan hat es, wie
er dran rum gedrückt hat. Ich muß weiterhin im Bett liegen. Vollkommene Ruhe
für den Fuß ist das Wichtigste, hat der Arzt gesagt. Großvater hat ja einen großen Zorn auf Jörg gehabt, daß er das
gemacht hat. Ich habe ihm aber gesagt, er soll ihm keine Vorwürfe machen. Gern
hat ers ja nicht getan. Angst hat er ja auch genug ausgestanden, als er sah,
daß mein Fuß mit dem breiten Zinken der Gartengabel durchstochen war. Das nächst Mal wird er sich sicher
vorsehen. Am Nachmittag hat mich Resi
besucht. Sie hat seit dem 13.8. keine Nachricht mehr von Fritz. Unsere Kinder haben heute die 14 Ztr.
Briketts, die wir bekommen haben, ganz allein im vorraum aingeschichtet. Helga
hält in der Wohnung fleißig alles in Ordnung. Sie ist heute aber auch zm
umfallen müd. Ich bekam heute Deinen lieben Geburtstagsbrief vom 31.8.
Abgestempelt ist er am 6.9. Das kam sicher durch den Angriff. Es ist wohl
schade, daß ich ihn nicht am Geburtstag bekommen habe, aber wir willen froh
sein, daß es uns sonst noch gut geht. Ich habe mich auch heute noch sehr über
Deinen lieben Brief gefreut. Auch ich hoffe ganz fest, daß wir den nächsten
Geburtstag zusammen verleben können. Vielleicht haben wir bis dahin doch ein siegreiches
Kriegsende erreicht. Wie mich die
Kinder erfreut haben, das habe ich Dir ja schon geschrieben. Nun willst Du mich
auch noch beschenken und mir 40. Mk geben. Das ist doch eigentlich zu viel. Zum
Hochzeitstag schon etwas und nun noch dies. Ich weiß aber, daß Du es mir gern
giebst und so danke ich Dir sehr dafür. Nötig wäre ein Geschenk nicht gewesen,
denn Du hast mir das größte Geschenk damit gemacht, daß Du wieder zwei Wochen
hier warst. Es war so eine schöne Zeit.
Ich werde auch im kommenden Lebensjahr versuchen, mich gut zu halten und
den Kopf oben zu halten, wie es Dein Wunsch ist. Für die Küsse in rauhen Mengen danke ich Dir. Ich kann sie immer
gut gebrauchen von Dir.
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