12.9.
Heute erhielt ich Deinen lieben Brief Nr. 45 vom 31.8. und
Helga ihren Geburtstagsbrief, beide abgestempelt am 8.9. Vielen Dank für die
mitgesandte Urlauberkarte. Du mußt ja manches Elend in K. gesehen haben. Man
kann wirklich froh sein, wenn man noch mit den Kindern ruhig leben kann. Mit Vater haben wir ausgemacht, daß er mit
Jörg morgen 10,45 über den See nach Zwetschgen fährt. Er holt Jörg ab. Ich bezw. Helga hatte alles vorbereitet zum
fortfahren. Gegen 10 Uhr kommt Vater und sagt, er habe sichs überlegt.
Vielleicht gingen sie lieber morgen. Er habe erst noch nach Kartoffeln gefragt
und dann habe er Kohlen bestellt. Nun
sei es doch schon zu spät. Ich habe mich erst mächtig geärgert. Vater will
natürlich eine Masse Körbe usw. mitnehmen, damit sichs „lohnt“. Billig solls
auch sein. Ich weiß garnicht, ob ich Jörg mitgehen lasse, denn soviel kann er
auch nicht tragen und andernfalls muß ich es wieder jahrelang hören, daß Vater
sich wegen mir mit abgeschleppt hat.
14.9.
Ich habe gestern mit
Vater noch gesprochen. Er würde nun allein gehen. Aber heute ist Regenwetter. Vorhin war der Arzt da. Er sagte, daß es eben
sehr schwierig sei, bis hier heraus zu kommen, wegen dem Benzin. Aber ich habe
früher auch immer den Weg zu ihm gefunden, so werde er auch sehen, es möglich
zu machen. Er ist mit der Wunde zufrieden. Verheilt ist natürlich noch nicht.
Als ich fragte, wann ich wieder richtig laufen könnte, meinte er, dafür könne
er mir keine Garantie geben. Ich sollte erst einmal froh sein, daß ich ums
Krankenhaus herumgekommen sei. Nächsten
Dienstag sollte ich versuchen, ob ich mit dem Rad zu ihm reinfahren könnte zum
verbinden. Bis dahin muß ich noch liegen bleiben. Du siehst, ich führe ein ganz
faules Leben. Aber ich habe ja noch Glück gehabt, daß es richtig verheilt. Nun
brauchst Du Dir ja auch keine Sorgen zu machen, wenn Du diesen Brief
erhältst. Ich habe den Arzt auch
gefragt, was das für Zeug ist, was ich am Knie bekommen habe. Die braunen
Flecke sind nämlich noch da und überall hatte es noch Bläschen gegeben. Jetzt
blättern diese ab. Dr. Bundschuh sagt, das kommt von blühendem Seegras oder
Heu. Bei mir wird es ja das erstere gewesen sein. Übrigens ist Dr. Bundschuh
jetzt wieder sehr nett, sodaß man Zutrauen zu ihm haben kann. Was damals mit
Jörg nur in ihn gefahren war? Übrigens hat Jörg am Samstag gesehen, daß er (Dr.B.)
immer noch eine Metallweste trägt. Er hatte sich doch mal die Rippen gebrochen.
Dabei zu schaffen, muß ja auch nicht gerade schön sein. Immer wieder hört man jetzt im
Wehrmachtsbericht, daß bei Lomscha Kämpfe stattfinden. Gerade dort, wo Du bist.
Wie hart wirst Du es wohl jetzt haben? Ich denke immer an dich. Vorhin erhielt ich Deinen lieben Brief Nr.
47 vom 4.9. mit der neuen Feldpostnummer. Ich habe gleich die zwei ersten Teile
dieses großen Briefes, den ich bisher geschrieben hatte, in Umschläge getan und
weggeschickt, bezw. die Kinder haben sie auf die Post geschafft. Deinen Brief hast Du unterwegs zu Deiner
Einheit geschrieben, als Du schon wieder im Kampfbereich warst. Die schwere
Zeit fing schon wieder für Dich an. Wie froh bin ich doch, daß Du mit Freude an
die Urlaubstage zurückdenken kannst und daß sie auch Für Dich eine schöne Zeit
waren. Welches glück war es doch, daß Du Urlaub bekommen hast. Jetzt kommt es
einem erst noch mehr zum Bewußtsein, nachdem Du die anderen Kameraden getroffen
hast, die vom Lazarett aus direkt wieder an die Front mußten. Uns kann aber
niemand die wunderschönen Tag wegnehmen, die wir erlebt haben. Darüber bin ich
unendlich froh.
15.9.
Gestern Abend kam Vater noch ¾ 9 Uhr herauf. Die Kinder
waren schon ausgezogen. Er brachte uns noch ca. 5 Pfund Pflaumen, damit wir die
wieder haben, die wir ihm gegeben hatten, als Helga fortgefahren war. Er war in
Daisendorf gewesen. Um 9 Uhr ist er wieder heim gegangen. Von heute Morgen ist noch nicht viel zu
berichten Ich liege ja immer noch faul herum, jetzt auf dem Liegestuhl in der
Küche, Helga und Jörg schaffen. Einige kleine Sachen kann ich ja schon helfen, wenn ich dabei nicht aufstehen muß.
Aber das wird auch bald wieder besser.
Die Kinder schaffen diesen Brief auch nachher gleich fort, damit Du ihn
recht bald beskommst. Bleib gesund,
mein liebster, bester Ernst. Laß Dich grüßen und oft, recht oft küssen von
Deiner Annie.
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