Samstag, 29. Februar 2020

Brief 786 vom 25.9.1944


Mein liebster Ernst !                                                                                            25.9.44

Nun hat Jörg seinen Kriegseinsatz. Er kommt zum Leirer im Riesenbergweg. Wir werden ja sehen, wie er sich einschafft. Nun wird er ja eine Kleinigkeit verdienen. DAs will er sich sparen. Helga kamen da die Tränen und sie meinte, sie wäre ja auch gern zum Kriegseinsatz gegangen, wenn sie jetzt nicht hier bleiben müßte. Ich habe ihr dann gesagt: „Wir werden sehen, was Jörg verdient. Wenn Du dann schön weiter für micht schaffst (die Freude ist ja nicht mehr so groß wie zuerst) so bezahle ich Dir dasselbe.“ Da strahlte sie natürlich gleich wieder.  Ich war heute wieder beim Arzt. Mit dem Aussehen der Wunde war er zufrieden. Er drückte dann an den Wundrändern. Das tat mir noch weh. Daraufhin meinte er, mit dem laufen sei es dann noch nichts. Man müßte sehr vorsichtig sein. Bis Donnerstat muß ich wieder liegen. Die Woche ist also doch wieder futsch. Aber es ist ja besser, es wird richtig ausgeheilt. Nur langweilig, langweilig. Man merkt da erst, was für eine Wohltat es ist, wenn man laufen kann wie man will.  2 Girlanden mit Apfelringen haben wir heute wieder aufgehängt. Durch den heftigen Wind in der Nacht waren eine ganze Menge Äpfel rungergefallen. Solange man sie noch verwerten kann, geht es ja. 
Wenn ich nur erst soweit wäre, daß ich die Äpfel runternehmen könnte.  Von Leipuig bekam ich einen Rundbrief. Der hat 8 Tage bis hierher gebraucht. Papa hat den Brief von Dir eher bekommen als meine Karte, auf der ich ihm Deine neue Nummer mitgeteilt habe. Die Marke vom braunen Band hat er mir gestempelt mitgeschickt. Wir hatten Dir doch immer die JB geschickt. In den letzten Wochen, seit ich nicht fort kam, konnten wir sie nun nicht mehr bekommen. Jörg sollte sie einmal holen. Da hat die FRau ihm eine von der vorigen Woche gegeben. Als er das merkte und hinging, sagte sie, wenn ihm die nicht gut genug sei, bekäme er gar keine mehr. 
Als Helga dann hin ging, um sie umzutauschen, fiel gerade vom Kiosk ein Regentropfen auf die Zeitung und die Frau fing an, so würde sie die Zeitung nicht nehmen. Als Helga sagte, daß sie doch gesehen habe, daß nur ein Regentropfen darauf gekommen sei, sagte sie:“Halt den Mund Du freche Range“. Nun mag keiner von den Kindern mehr hin gehen.  Heute war es wieder einmal kalt. Man hat den Mantel vertragen können. Der Winter kommt eben doch immer näher. Ab und zu schickt er ma seine Boten.  Weißt Du übrigens, was ich heute für eine Binde am Fuß  habe? Eine aus Kreppapier. Aber es ist nich einmal unangenehm. Über der Wunde selbst ist natürlich Mull.  Für heute weiß ich garnichts mehr zu schreiben. Darum      s chließe ich jetzt. Nimm recht viele und liebe Grüße und Küsse entgegen von 

Deiner Annie.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen