Samstag, 29. Februar 2020

Brief 773 vom 11.8.1944


 Mein liebster Ernst !                                                                                  11.8.44 

Heute erhielt ich gleich 3 liebe Briefe von Dir, die Nr. 37, 38 und 39 vom 3., 4. ud 5.8. Ich hab mich so sehr darüber gefreut. Du fragst in einem nach den restlichen Bildern vom Urlaub. Die habe ich gerade heute zurück bekommen, zusammen mit 10 Briefen, die ich an Dich geschrieben hatte. 
Auch der Geburtstagsbrief ist an dabei. Von Deinem Geburtstag hast Du dieses Jahr ja nichts gehabt. Aber wenigstens bist Du unverletzt geblieben. Das ist das Schönste, was man sich in dieser schweren Zeit wünschen kann.  Aus Deinen Zeilen entnehme ich nach und nach, wie es Dir in den vergangenen Wochen gegangen ist. Leicht hast Du es nicht gehabt.  Und wir daheim habe so dahin gelebt, während Du in großer Gefahr warst.  Die mitgesandten Marken werde ich aufheben, bis ich sie verwenden kann. Ich muß sie nur noch auseinander weichen, da sie ganz zusammengeklebt sind.   
Übrigens, die zum Geburtstag gesandten Päckchen sind noch nicht zurückgekommen.  Mich kann es direkt erbosen. Das Osterpäckchen hast Du schon nicht bekommen. Nun werden diese Päckchen auch zurück kommen. Die Marken sind verbraucht und Du hast wieder nichts davon. Du gehst immer leer aus.   
Vor einem Jahr die Fahrt nach Stuttgart war herrlcih.  Welche Freude haben wir gehabt, als Du sagtest, Du kämst auf Urlaub. Es ist nur gut, daß man jetzt noch die schönen Erinnerungen hat. Diese machen manches etwas leichter.  Du hast recht, wir haben unsere Kinder immer freudig begrüßt. 
Wenn damals statt Jörg ein Mädel angekommen wär, hätte ich es genau so gern gehabt. Aber gefreut habe ich mich doch, daß es ein Junge war. Wenn er auch ein rechter Lauser geworden ist, wir haben es doch noch nicht bereuen müssen, daß wir uns gefreut haben. Genau wir unsere Helga ist er doch ein lieber Kerl. Die Hauptsache ist immer wieder, daß sie auch gesund sind. 
Und das sind sie Gottseidank bis jetzt.  Erna war noch nicht bei uns. Sie weiß immer noch nicht genau, wenn Siegfried auf Urlaub kommt.  Da möchte sie nicht einfach fortfahren.  Gefreut hat es mich, daß Du dieses Jahr wenigstens auvh zu Obst gekommen bist. 
Das wird für Euch sicher eine große Freude gewesen sein, als Ihr davon essen konntet. Beeren sind ja so was Gutes.  Heute Morgen waren wir baden. Wegen Annäherung feindlicher Flugzeuge mußten wir wieder mal zeitiger aus dem Wasser. Und genau wie beim vorigen Mal waren sie ausgeflogen bis wir daheim waren und Alarm gab es keinen. Auch jetzt waren Flugzeuge in Südwest. 
Aber wir sind verschont geblieben.  Ich fahre jetzt noch in die Stadt. Hoffentlich erreicht Dich dieser gewichtige Brief dort noch, sonst reisen diese Briefe wirklich viel in der Welt herum.   
Laß Dich auch heute wieder oft und herzlich grüßen und küssen von 

Deiner Annie.   

Die Küsse von Dir habe ich den Kindern gegeben. 
Und von Vater soll ich Dich grüßen.

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