Samstag, 29. Februar 2020

Brief 782 vom 19 und 20.9.1944


Du mein allerliebster Schatz !                                                                                           19.9.44 

Solch einen Schreck wie vorhin habe ich doch noch nier erlebt.  Kommt doch der Ortsgruppenleiter und bringt mir einen Brief von der Dienststelle der Feldpostnummer O9651d. An der Tür sagt er mir gleich: Lassen sie mich einmal in die Wohnung. Ich muß ihnen leider die Mitteilung machen, daß ihr Mann vermißt ist.“ Ich sagte gleich „Das ist nich wahr“ und fragte dann, wenn Du denn vermißt sein solltest. Er sagte am 29.7. Da ist mir ein Stein vom Herzen gefallen. Ach Ernst, ich hoffe ja so fest, daß Du gesund bist und auch weiterhin gesund bleibst. 
Nach dem 29.7. haben wir ja noch so herrliche Tage zusammen verlebt. Da bist Du ja hier bei uns gewesen. Ich bin ja so glücklich, daß diese schlimme Nachricht nicht wahr ist, ich bin so froh. Du mußt doch wieder zu uns heim kommen, damit wir Dich alle lieb haben können und damit wir froh sein können.

Du lieber, lieber Ernst.                                                                                                     20.9.

In der Nacht bin ich öfter munter geworden und immer habe ich an gestern Abend denken müssen. Ich habe mir Dein Bild geholt und Dich angeschaut, Dein liebes Gesicht. Mein lieber, lieber Ernst, Du wirst ja wieder zu uns heim kommen, ganz bestimmt. Meine Gedanken sind ja immer bei Dir.  Da Du wieder bei derselben Feldpostnummer bist, muß ich doch wohl nicht an die Dienststelle schreiben? 
Da müssen sie doch jetzt wissen, daß Du dort bist.  Der Ortsgruppenleiter fragte dann, was ich am Fuß gemacht hätte. Als ich es ihm sagte, meinte er, ich solle vorsichtig sein, daß keine Blutvergiftung dazu käme. Ich sollte gute Seife draufschmieren.  Ich sagte,“danke, ich war beim Arzt. Der hat schon das nötige veranlaßt.“ Daß die Leute immer gleich Ratschläge geben müssen, die doch nur auf Pfuscherei hinauslaufen. Wenn man darauf hörte und es passierte etwas, würde doch jeder die Verantwortung ablehnen. Heute haben wir eine große Schüssel Äpfel auflesen können. 
Da schneide ich nachher gleich wieder Apfelringe davon. Entliche essen wir natürlich auch, denn sie schmecken jetzt sehr gut. Fürs Frühstück kochen wir außerdem Apfelmus. Wir haben es doch so gut, nicht wahr? Einige Tage hatten wir jetzt herrliches sonniges und warmes Wetter. Heute ist der Himmel wieder einmal verhängt.  Helga hat mir gerade gesagt, daß der ausgesäte Spinat schön heraus kommt. Das giebt wieder ein gutes Essen. 
Es ist eben doch fein, wenn man einen Garten hat. Dumm ist es nur, daß ich jetzt nichts dran tun kann. Da heißt es Geduld haben, bis ich wieder richtig springen kann.  Laß mich bitte schließen. Ich grüße und küsse Dich recht oft und fest 

Deine Annie.   

Liebes Vaterle! Du sollst auch von mir wieder einmal einen Gruß erhalten. Du weißt doch, daß Mutterle auf dem Liegestuhl liegen muß, und da versuche ich soviel wie möglich ihr zu helfen. Freut Dich das? Viele Grüße und Küsse von 

Deiner Helga. 

Liebes Vaterle! Da Mutterle jetzt nicht aufstehen kann, da wollten wir heute erst einmal eine Reihe Kartoffeln rausmachen. Aber es ist heute gar kein schönes Wetter, dann machen wir es, wenn es wieder schön wird. Viele 1000 Grüße und 1000000 mal 50000000000999 Küsse von 

Deinem Jörg.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen