Samstag, 23. September 2017

Brief 426 vom 20.9.1942


Mein liebster Mann!                                      Konstanz, 20.9.42

Einen Brief habe ich heute nicht bekommen. Darum will ich von heute erzählen.
Am Morgen- halt, in der Nacht muss ich anfangen. Von 1 – 3 Luftalarm. Über die Schweiz sind die Flieger gekommen, die nach München geflogen sind. Wir waren noch gar nicht fertig angezogen, da flogen schon die ersten über uns weg. Dann kam Welle auf Welle. Wenige sind wieder zurückgekommen. Papa hat im Keller alle unterhalten und es ist viel gelacht worden. Wenn Frau Leimenstoll oder Herr Nußbaumer gesprochen hat, hat Papa kein Wort oder doch was Verkehrtes verstanden. Heute Morgen bin ich vor ¼ 9 Uhr gar nicht munter geworden. Meine Leute standen auch gleich auf, so dass wir bald Frühstück essen konnten. Später ist Papa mit Jörg noch ein Bisschen spazieren gegangen. Dann haben wir zu Mittag gegessen und sind dann zum Stadion gegangen. Um 4 Uhr waren die Wettkämpfe zu Ende. Wir sind dann noch ins Waldhaus Jakob gegangen und haben Bier bzw. Limonade getrunken. Dann sind wir an der Seestraße entlang heimzu gegangen. Unterwegs haben wir noch bei Cafe Müller Eis gegessen. Daheim gab es gleich wieder Abendbrot. Nun ist es ¾ 9 Uhr und die Kinder liegen schon eine Weile im Bett. Helga ist jetzt immer müd. Sie wächst so sehr. Am Essen fehlt es nicht, denn sie isst reichlich und bekommt auch Butter, Wurst usw. Helga legt sich jetzt auch bei tag manchmal auf´s Sofa, um auszuruhen und das kann ihr ja nur gut tun.
Jetzt spielten sie gerade im Radio: „Annchen, herzliebstes Mädel mein, denk dein in der Ferne….“, das hör ich so gerne. Ich mein immer, das könntest Du mir sagen.
Als Jörg mit Papa heute heim kam, brachten sie mir einen großen Strauß Astern mit, den Papa gekauft hatte. Ich habe mich gefreut.
Gestern habe ich zwei Päckchen mit Marmelade an dich abgesandt. Hoffentlich kommen sie gut an und die Marmelade schmeckt dir. Recht guten Appetit. Für heute grüße und küsse ich dich recht herzlich, Deine Annie.

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