Mein liebster Ernst! Konstanz,
16.9.42
Zuerst möchte ich vor allem schreiben, dass ich heute keinen
Brief bekommen habe und ein Bisschen in Sorge bin, weil Du doch im letzten
Brief vom 3. Geschrieben hast, dass du nicht ganz gesund warst. Hoffentlich ist
es nicht schlimmer, sondern bald besser geworden. Ich wünsche es von ganzem
Herzen, du mein lieber Mann.
Nun will ich dir von heute erzählen. Wie ich dir schon
schrieb, wollten wir auf den Pfänder. Am Morgen war es trüb, und regnete auch.
Aber Papa wollte doch gehen. Mit dem Postomnibus sind wir in die Stadt
gefahren, mit dem Schiff ging es um 8 Uhr fort. Bis Lindau regnete es teilweise
noch, dann fing es an, sich aufzuhellen. In Bregenz sind wir gleich zur
Pfänderbahn gegangen und sind rauf gefahren. Oben haben wir uns erst alles
angesehen, die Aussicht war halbwegs gut. Dann haben wir im Pfänderhotel Suppe
und Salatplatte (Kartoffelsalat mit grünem Salat, Tomaten, Gurken und Rettich)
gegessen. Es hatte sich inzwischen weiter aufgeklärt und ein ziemlich kühler
Wind wehte. Um 2 Uhr sind wir wieder herunter gefahren. Dann haben wir mal
gesucht, wo wir die Angelkarte für Papa bekommen. Dreimal sind wir erst falsch wohin geschickt worden, bis wir
endlich beim Fischereiamt gelandet sind. Da hat Papa innerhalb ½ Stunde den
Ausweis erhalten. Ich muss sagen, die Beamten überall (wir waren noch auf dem
Rathaus und dem Landratsamt, nachdem uns erst eine Frau an ein
Fischereiartikelgeschäft gewiesen hatte) waren sehr höflich und
entgegenkommend. Das war direkt wohltuend. Bis Papa die Karte bekam, sind wir nochmal
in ein Cafe gegangen und haben einen Kaffee getrunken. Dann sind wir zum Schiff
gegangen. Wir hatten dann eine schöne Fahrt heim. Es hatte heute ziemlich
Wellen, so dass es manchmal bis auf´s Deck spritze. Das hat unserem Jörg viel
Spaß gemacht.
Die ganze Fahrt hat mich nichts gekostet, Papa wollte alles
allein bezahlen. Es war auch ganz schön, nur ist es natürlich nicht so, als
wenn wir zusammen gefahren sind. Papa hat nirgends richtige Ruhe. Na, du kennst
ihn ja. Dass er so alt geworden ist, wie er manchmal schreibt, das ist auch
nicht der Fall. Er rennt noch die ganze Zeit. Auf dem Heimweg kam Papa auf Erna
zu sprechen. Da habe ich schon gemerkt, dass wir nicht ganz einer Meinung sind.
Übrigens hat Siegfried und Erna ein großes Zimmer für
sich gemietet bei einer Frau mit Kinde. 20.-Mk. kostet es im Monat. (Nun hab
ich auch noch einen Klex gemacht. Das sollte nicht passieren, aber an der Feder
war eine Fussel.)
Als wir heim kamen, haben wir erst noch Abendbrot,
Bratkartoffeln mit Sauerkraut, gegessen. Die Kinder sind dann gleich in´s Bett
gegangen. Papa hat noch die Nachrichten gehört und hat sich dann auch
hingelegt. Ich sitze nun noch alleine hier. Aber schlafen will ich nun auch
gehen, denn es ist ¼ 12 Uhr. Du wirst vielleicht schon schlafen, nicht wahr?
Die Kinder haben Papa erzählt, dass sie 117,50 auf der
Sparkasse haben. Da hat er jedem 2,50 geschenkt, damit die 120.- voll werden.
Nun wirklich gute Nacht, mein lieber Ernst, wach gesund
wieder auf. Ich grüße und küsse dich recht herzlich Deine Annie.
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