Donnerstag, 7. September 2017

Brief 414 vom 7.9.1942


Mein liebster Ernst!                                       Konstanz, 7.9.42

Der Geburtstag ist nun auch bald vorbei. Ich will Dir davon erzählen.
Am Morgen haben mir die Kinder gratuliert und ich wurde in die Stube geführt. Da hatten sie aufgebaut 2 Blumentöpfe, Begonien, wie wir sie Helga geschenkt haben. (Jetzt muß ich bald Kakteen wegtun) 1 kleines Perlenkettchen, 1 Perlendeckchen, 5 Postkarten (eine Leidenschaft von Jörg) 1 gestreiften Waschlappen und einen kleinen Taschentuchhalter von Helga, den sie selber gemacht hat.
Wir haben dann Frühstück gegessen, Pflaumenkuchen. Hinterher sind die Kinder in die Schule gegangen und ich bin in die Stadt gefahren und habe den Widerstand weggeschafft, den ich übrigens heute Abend frisch gewickelt wiederbekommen habe. Dann habe ich noch was gemacht, du wirst staunen.
Du hast mir doch Geld geschickt, mit dem ich machen kann, was ich will. So habe ich mir Dauerwellen machen lassen. Na, staunst Du nicht? Vater gefällt es sogar gut, denk mal. Die ganze Prozedur erzähl ich dir morgen mal, über 3 Stunden hat es gedauert. Aber der Erfolg ist wenigstens da.
Als ich heim kam, war es gleich Mittag. Ich habe noch Essen gekocht und am Nachmittag sind wir ins Kino, „Die große Liebe“ mit Zarah Leander, Paul Hörbiger, Viktor Stahl und Grete Weiser wurde gespielt. Es war sehr schön. Der Film spielt im Kriege. Nach dem Film sind wir nochmal über die Messe gegangen. Als wir heim kamen, haben wir Abendbrot gegessen und dann kam schon Vater. Er brachte mir 10.-Mk. und ¼ Pfd. Pralinen. Das ist doch sehr schön von ihm. Ich habe mich sehr gefreut und Helga hat ihm für mich einige Küsse geben müssen.
Dich hätte ich gern hier, dass ich dich für deine Geburtstagsgeschenke recht, recht fest abdrücken und abküssen könnte. Das hole ich aber alles nach, wenn du mal auf Urlaub kommst.
Also, du siehst, am Geburtstag habe ich nur gefaulenzt. Von Papa kam ein Brief, dass er mir ein Geschenk mitbringen oder hier etwas kaufen will. Erna schrieb, dass sie das Geschenk für mich noch nicht bekommen habe und sie hoffe, dass sie es Papa mitgeben könne.
Nun laß mich schließen. Morgen früh geht es wieder zum Nähen.
Ich grüße und küsse dich recht herzlich Deine Annie, Du Liebster, Bester.

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