Mein liebster Ernst! Konstanz,
19.11.42
Jetzt warte ich schon sehr auf eine Nachricht von Dir. Ich
dachte erst, Du hättest vielleicht nochmals von unterwegs geschrieben, aber
scheinbar war es doch nicht möglich, denn sonst müsste doch sicher der Brief
schon hier sein.
Ich bin nicht ungeduldig, denn Du hast ja schon viel länger
warten müssen, aber Sorge mache ich mir, ob Du auch gut dort angekommen bist.
Ich werde sehr froh sein, wenn ich darüber durch einen Brief von Dir höre. Wenn
mal eine Weile kein Brief kommt, merkt man erst, wie unentbehrlich sie einem
geworden sind und wie sie beruhigen. Ich hoffe, dass ich jetzt doch nicht mehr
so lange warten muss.
Heute Morgen war ich in der Stadt und habe die Zeitungen für
Dich gekauft. Dann habe ich eine Geburtstagskarte an Alice und eine einfach
Karte an Papa abgeschickt, damit er sieht, dass sein Paket angekommen ist.
Hinterher habe ich für Helga noch eine Regenkappe gekauft, die sie auch beim
Baden anziehen kann. Für mich habe ich ein einfaches Tuch gekauft, das ich
immer auf dem Kopf tragen kann. Die guten Tücher von Dir sind mir zu schade
dafür, denn durch das Knoten leiden sie sehr.
Am Nachmittag waren wir baden. Es war wieder sehr
erfrischend. Gegen 4 Uhr waren wir dort. Jörg sagte, ehe er zum Ausziehen ging,
es gefiele ihm gar nicht mehr so, seit Du nicht mehr mitgingst. Er wäre so
allein. Wir haben uns dann fest gewaschen, und dann ging es ans Schwimmen. Das
war wieder schön. Nur Jörg macht keine Fortschritte. Er hat eben nicht die
richtige Freude und den Ehrgeiz dazu. Vielleicht kommt das später. Die Haare
haben wir uns kurz vor dem Heimgehen auch noch gewaschen. Wir wären noch etwas
länger geblieben, aber Jörg fror zu sehr. Da haben wir uns eben fertig gemacht.
Um 6 Uhr waren wir daheim. Vorhin haben wir Abendbrot gegessen und nun gehen
die Kinder ins Bett. Ich schaffe nachher noch den Brief fort und hinterher will
ich noch ein bisschen arbeiten.
Ehe wir zum Baden gingen, trafen wir Frau Nußbaumer. Sie kam
gerade vom Begräbnis von dem 18jährigen Sohn der Frau Waldmann. Sie sagte, der
Sohn hätte Eiter im Kopf gehabt, daran ist er gestorben. Was es doch für Sachen
gibt?
Gestern Abend war Vater da. Er hat angefangen, die Tür zu
dem Schränkchen fertig zu machen. Ganz ist es ja noch nicht gelungen, denn das
Eisen, mit dem er von dem Holz was abschlagen will, damit er die Eisenbänder
einfügt, war ihm nicht scharf genug. Er hat es erst noch zum Schärfen
mitgenommen. Aber Aussicht besteht doch, dass die Tür bald fertig wird.
Ich sitze wieder hier in der mollig warmen Küche. Ich denke
immer daran, ob bei Euch dort auch richtig geheizt ist, oder ob Du frieren
musst. Denn mit der Heizung hatte es bisher doch nicht so geklappt. Hoffentlich
hat sich das jetzt gebessert.
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