Mein liebster, bester Ernst! Konstanz,
11.11.42
Nun hast du das Meiste der Fahrt hinter Dir, und wenn alles
nach dem Fahrplan gegangen ist, so triffst Du morgen an Deinem Bestimmungsort
ein. Hoffentlich war die Fahrt nicht gar so beschwerlich und Du hast zeitweilig
Gelegenheit zum Schlafen gehabt. Du wirst mir ja in Deinen Briefen davon berichten.
Auf diese freue ich mich schon, denn sie sind ja ein Stück von Dir und es ist,
als ob Du selber mit mir reden würdest. Es scheint mir dann, als ob Du doch
nicht ganz so weit von uns fort wärst. Erst durch Deine lange Fahrt zu uns nun
wieder fort, ist mir die große Entfernung, die zwischen uns liegt, richtig klar
geworden. Aber die Gedanken überbrücken auch diese Weite und meine Gedanken
sind ja immer bei Dir.
Ich habe heute wieder im Garten geschafft. Der große Garten
war ja fertig. Also kam der hinterm Haus dran. Zuerst habe ich die
Dahlienstöcke ausgegraben. Dann habe ich im Kreis einen kleinen Graben um den
Baum ausgehoben und mit Gülle gefüllt. Hinterher habe ich den ganzen Garten
umgegraben. Später habe ich an die Sträucher, die Brombeeren und Erdbeeren Mist
getan. Vorm Haus habe ich am Zaun das Beet umgegraben und das Strauchwerk von
den blauen Blumen abgeschnitten. Die kleinen Beete am Haus habe ich auch
hergerichtet. Nun ist alles fertig bis auf das Spritzen bzw. Stäuben der
Sträucher mit Kalk. Das mache ich mal bei Gelegenheit. Den Leimring habe ich
auch an den Baum gemacht.
Bei uns ist es jetzt richtig kalt geworden. Gestern Morgen
hatte es Reif, aber am Tag war es noch ganz nett warm. Heute hatte es noch mehr
Reif und den ganzen Tag über war es kühl. Beim Schaffen habe ich aber nicht
viel davon gespürt.
Von Kurt kam heute ein Brief. Er schreibt, dass sie jetzt
immer noch viel zu arbeiten haben. An Dich habe er auch einen Brief
geschrieben. Vielleicht findest Du ihn schon vor, wenn Du dort ankommst. Das
Bild, welches ich ihm geschickt hatte, wo Vater auch mit drauf ist, hat ihm
gefallen. Er meint, Helga sei ja schon
wieder ein Stück gewachsen. Ihm selber gehe es gut, nur sei er von der Arbeit
und von der Wache etwas müd. Sie würden eben auch 5 – 7 Stunden pro Nacht Wache
stehen. Wie es mit Urlaub würde, wüsste er noch nicht, doch würde er
wahrscheinlich noch in diesem Jahr dazu kommen. An Vater hat er ein Päckchen
mit Rauchwaren geschickt.
Während ich hier schreibe, hat mir Helga schon Arbeit
abgenommen, indem sie abgewaschen und abgetrocknet hat. Dafür dürfen jetzt auch
alle zwei den Brief mit fortschaffen. Das mögen sie gern, und außerdem können
sie ja da die Leuchtplaketten anstecken.
Jörg brachte mir heute die erste Eisplatte. Er hatte sie aus
einem Wasserkessel beim Gärtner Leirer geholt und musste sie mir natürlich
gleich zeigen. Du siehst also, dass es schon ziemlich kalt ist.
Heute sind ja nun unsere Soldaten durch das unbesetzte
Frankreich marschiert. Die Leute werden geschaut haben, denn bisher haben sie
doch vom Krieg noch nicht viel gemerkt. Ich muss nachher nochmals richtig den
Aufruf des Führers hören. Morgen wird er ja sicher in der Zeitung stehen.
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