Samstag, 11. November 2017

Brief 437 vom 9.11.1942


Mein liebsterErnst!                                                    Konstanz, 9.11.42

Ob Du wohl heute, wie es in Deinem Fahrplan stand, den ganzen Tag in Kowel warst? Ich weiß es ja nicht, aber gedacht habe ich immer an Dich und auf der Karte habe ich mir Kowel öfter angesehen und geschaut, wie du ungefähr weiter fährst.
Deinen Fahrplan habe ich immer auf dem Tisch  neben mir liegen. Wie ich mir aufgeschrieben habe, fährst Du ja nun bis Mittwochabend ununterbrochen. Und dann nochmals bis Donnerstag. Wie froh wirst Du sein, wenn Du endlich an Deinem Bestimmungsort bist. Von uns bist Du nun schon wieder so weit fort und fehlst uns doch so sehr. Ich muss es mir immer wieder sagen, dass du wirklich fort bist. Immer meine ich, Du müsstest bald wieder hier sein.
Ich habe ja gestern gewaschen und konnte heute früh gleich aufhängen. Das Wetter war ganz günstig, sodass ich das Meiste ganz trocken bekommen habe. Das andere ist nur teilweise noch etwas feucht und ich trockne es am Ofen fertig, denn ich habe die Schlüssel für Waschhaus und Speicher gleich heute Morgen wieder abgegeben. Ich möchte die Freundlichkeit von Frau Nußbaumer nicht mehr als nötig in Anspruch nehmen.
Die Brombeeren habe ich heute angebunden. Das ist nun auch erledigt. Verkratzt habe ich mich nur ein Bisschen. Schwer war die Arbeit nicht. Gegen Abend kam Herr Zahn und wollte die Gartenpacht. Er hat das jetzt von Herrn Steimmel übernommen, der doch jetzt im Elsaß ist. Ich habe Herrn Steimmel nicht in die Wohnung gelassen, was ihm ja nicht ganz recht war. Ich habe es gemerkt. Aber er ist sonst auch nicht immer so freundlich zu uns.
Heute ist schon wieder eine Sondermeldung gekommen, dass U-Boote 16 Schiffe versenkt haben. Das geht jetzt aber rasch hintereinander. Was im vergangenen Monat anfangs weniger versenkt wurde, ist sicher schon aufgeholt.
Nun möchte ich Dir heute nochmals sehr danken für den schönen Blumenstock, den Du mir noch geschenkt hast. Ich freue mich jedes Mal darüber, wenn ich ihn ansehe. So habe ich auch damit noch eine schöne Erinnerung an diesen Urlaub.
Heute versuchte Jörg einige Male ein Bisschen bös zu werden. Ich habe gar nicht viel gesagt, sondern ihm einige drauf gewichst. Ich kann Dir sagen, da war er aber erstaunt. Geholfen hat es jedoch gut. Der Lauser, heute wär er mit seinem Holländer bald unter ein Motorrad gekommen. Ich habe es selber nicht gesehen, aber der Mann soll schwer geschimpft haben, was ja nur richtig ist und Jörg ziemlich beeindruckt hat. Ich habe ihm das Fahren auf dem Fahrweg nun verboten. Er ist da doch noch zu unvorsichtig.
Nun laß mich wieder schließen. Ich grüße und küsse Dich recht herzlich. Wie hab ich Dich doch lieb, mein lieber, liebster Ernst. Denke immer an Deine Annie.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen