Dienstag, 21. November 2017

Brief 444 vom 16.11.1942


Mein liebster Ernst!                           Konstanz, 16.11.42

Wieder hat eine Woche begonnen. Trotzdem es kaum möglich ist, dass schon ein Brief von Dir kommen kann, warte ich doch immer darauf. Ich weiß ja nur, dass Du in Berlin gut angekommen warst. Das Weitere sollen mir ja Deine Briefe berichten. Ich denke immer an Dich, den ganze Tag. Ob Du Dich dort wohl wieder eingewöhnt hast?
Gestern Abend war Vater hier. Er brachte den Brief von Kurt mit. Der schreibt, dass er zum Obergefreiten befördert worden sei. Dadurch bekäme er jetzt Kriegsbesoldung und wir müssten ihm eine Steuerkarte schicken. Es machte im Monat 75.-Mk. aus. Als seine Heimatadresse habe er unsere angegeben und wegen evtl. Auskunft über ihn, hat er mich genannt. Ich war nun heute wegen der Steuerkarte in dem Standort. Die haben sie aber nicht da und ich muss in den Badischen Hof gehen. Es ist aber nur vormittags auf, sodass ich morgen nochmal hin fahren werde.
Von Papa kam heute das Zeitungspaket an. Es lagen 6 neue Kaffeelöffel von Mama bei. Ich habe mich wirklich gefreut. Erwähnen soll ich ja nichts davon in meinem Brief. Die Frau soll nichts davon wissen. Unsere Kinder sitzen heute in jeder freien Minute bei den Zeitungen und sehen sie an. Es sind wieder einige „Koralle“ und „IZ“ dabei, die schicke ich Dir, sobald wir sie ausgelesen haben.
Ich habe heute die Möhren und Roten Rüben in eine Kiste mit Erde eingewintert. Da halten sie sich immer ganz gut. Im Übrigen habe ich heute verschiedene Sachen ausgebessert und gestopft und am Nachmittag war ich in der Stadt einkaufen. Außerdem habe ich noch bunte Wäsche gewaschen. So ist der Tag herum gegangen. Heute Abend haben wir uns Bratäpfel gemacht. Die magst Du doch sicher auch, nicht wahr? Schade, dass ich Dir keine hinschicken kann.
Den Einschreibebrief an Frau Diez und den Brief an Siegfried habe ich heute abgeschickt. Den Durchschlag schicke ich Dir mit.
Vater hat für Dich auf seine Karte 2 Rasierklingen besorgt. Er hat sie sich natürlich nicht bezahlen lassen. Im Ganzen habe ich nun 5 Stück da. Ich schicke sie Dir nicht gleich zusammen. Sie könnten weg kommen. Es wird ja immer wieder mal was gestohlen, trotzdem es doch so harte Strafen gibt. Der Mann, der ja wahrscheinlich unser Päckchen auch gestohlen hat, ist jetzt auch zum Tode verurteilt worden. Es stand in der Samstagszeitung, die ich Dir geschickt habe. Du siehst also, ich schicke Dir jetzt die Zeitung regelmäßig und will es auch gewiss nicht mehr vergessen. Du sollst Dich doch nicht über mich ärgern müssen, Du, mein liebster Schatz. Ich freue mich doch auch, wenn ich Dir einen Wunsch erfüllen kann, und es sind ja nur ganz kleine Wünsche, die ich wirklich erfüllen kann jetzt, wo Du fort bist. Aber sehr lieb behalten kann ich Dich, sehr lieb. Du bist doch mein liebster, bester Mann.
Ich grüße und küsse Dich wieder recht herzlich Deine Annie.

Liebes Vaterle, ich sende dir recht viele Grüße und 1000000000 Küsse von Deinem Jörg.

Liebes Vaterle! Ich habe den Jörg mal zuerst schreiben lassen, weil er so gern mal zuerst schreiben wollte. Liebes Vaterle, bleib ganz gesund. Viele Grüße und 100000000000000 Küsse von Deiner Helga.

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