Montag, 28. August 2017

Brief 407 vom 28./29.8.1942


Mein liebster Ernst!                                       Konstanz, 28.8.42

Heute kam dein liebes Päckchen Nr.34 mit Butter an. Ein ganz klein wenig ist ins Papier gelaufen, denn sie war ganz flüssig, aber sonst ist sie sehr gut angekommen. Ich habe sie gleich ausgelassen und hebe sie mit auf. Vielen Dank.
Ich bekam heute die Vergrößerungen meiner Bilder und sende sie dir mit. In kleinem Format wirst Du sie ja schon erhalten haben. Hast Du Dich nicht über den Hut gewundert? Leider muss ich gestehen, dass ich mich da mit fremden Federn geschmückt habe. Es ist Erna ihrer. Wenn er dir gefällt, kann ich mir auch so einen kaufen. Aber erst möchte ich darüber deine Meinung hören. Eilig ist es nicht, denn du, dem ich doch gefallen möchte, bist ja doch nicht hier.
Einige Zeitungen habe ich heute wieder an dich abgeschickt. Morgen gehen weitere fort. Ich möchte nicht alles auf einmal einwerfen. Sicher wunderst du dich über den komischen gelben Leim, den ich zum Kleben verwendet habe. Ich wollte schon immer Leim kaufen, es gibt aber keinen mehr. Da sagte mir die eine Verkäuferin:“ Nehmen sie Wasserglas, das klebt gut und ist billig.“ Nun habe ich´s mal probiert. Was hattest Du eigentlich bei deinen Briefen für einen Leim? Er sah fast gleich aus.
(Ich hab noch die Dose Leim da, die du mir von Frankreich geschickt hast, aber die möchte ich aufheben, wenn wir mal Photografien oder sowas zu kleben haben)
Die Kinder waren am Nachmittag wieder beim Baden. Sie gehen zu gern. So lange haben sie gebettelt, bis ich´s erlaubt habe. Ich bin heute nicht mit. Erstens hatte ich zu tun, und dann war ich auch vom gestrigen Schwimmen noch ganz müde und alles tat mir weh.
Von jetzt ab lernt Jörg auch lateinisch schreiben. Das erste, was er heute geschrieben hat, war ganz gut. Seine neue Lehrerin mag Jörg nicht so gern, wie die vorige. Sie haut nämlich schnell zu, wenn sie nicht folgen. Aber bei den Buben ist es nötig, dass eine Lehrerin energisch ist.
Nachts ¾ 3 Uhr. Jetzt gehen wir wieder in´s Bett. Seit ¾ 1 waren wir im Keller. Heute waren die Flieger über uns, sind scheinbar nach der Schweiz zurück.

                                                                                                            29.8.
Heute Morgen waren wir noch ziemlich müde, aber jetzt haben wir uns wieder aufgemuntert. Heute Nacht sind die Flieger in sehr großer Höhe über uns geflogen. Auf einmal fingen die Sirenen in der Schweiz zu heulen an.
Gerade kam der Briefträger und brachte mir deinen lieben Brief vom 16.8., den zweiten vom 16., in dem nun auch die Flugpostmarken sind, ebenso 2. Zulassungsmarken für Päckchen. Ich warte nun noch deine genaue Anweisung ab, was ich dir schicken soll und werde nachher ein Dienstpaket an dich absenden.
Die Karte an Kurt schicke ich ab. Er hat seine alte Feldpostnummer 19655 wieder erhalten.
Vorhin erhielt ich auch dein Geburtstagsgeschenk für mich, 50.-Mk. Kannst Du denn wirklich so viel entbehren? Gefreut habe ich mich ja sehr darüber, und ich danke dir auch sehr. Sie werden einen Ehrenplatz auf dem Geburtstagstisch einnehmen, du lieber Mann.
Nun will ich noch Einkaufen fahren und Essen kochen, damit wir am Nachmittag rechtzeitig ins Theater kommen. Deinen lieben Brief beantworte ich im Einzelnen morgen mit.
Ich grüße und küsse Dich nun recht herzlich, deine Annie.

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