Montag, 14. August 2017

Brief 404 vom 17. - 27.8.1942


Mein liebster Ernst!                                       Konstanz, 17.8.42

Heute war wieder ein sonniger Tag und ich habe mich im großen Garten gleich ans Ausputzen und Graben bei den unteren Erdbeeren gemacht. Ich habe es auch fertig bekommen, so dass dieser Garten einstweilen in Ordnung ist. Jetzt kommen noch die Erdbeeren und auch sonst der Garten hinterm Haus dran. Aber mit der Ruhe. Morgen früh gehe ich erst Mal zwei Stunden nähen. Zum ersten Mal. Ich bin gespannt, wie es ist.
Heute Vormittag war ich mit Helga wegen ihrer Brust nochmals bei Dr. Bundschuh. Wir hatten doch Salbe verschrieben bekommen. Erst wurde die Geschwulst weich, dann wieder etwas fest. Als die Salbe alle war, gingen wir nochmal zum Doktor, Dr. Bundschuh war aber nicht da, nur sein Stellvertreter. Der sagte, man solle es mal einstweilen mit der Salbe sein lassen, bis Dr. Bundschuh wieder käme und nur Kamillenumschläge machen. Das haben wir auch getan. Es wurde auch fast ganz gut. Jetzt, seit einigen Tagen, wurde es wieder etwas fester. Der Stellvertreter hatte noch gesagt, evtl. müsste man einmal schneiden. Als es nun fester wurde, hatte ich keine Ruhe mehr. Dr. Bundschuh hat mir nun wieder die Salbe verschrieben. Ich sagte ihm das vom Schneiden, da sagte er zu mir:
„Das ist eine vorzeitige, einseitige Entwicklung. Das haben viele Mädels und auch Buben. Ich habe es noch bei keinem geschnitten, und nach einigen Jahren gibt es sich von selbst. Es sieht so weit gut aus, so dass man nicht mehr mit Vereiterung rechnen muss. Möglichst wenig daran tun, nur ganz leicht einreiben, und nach 14 Tagen kommen sie nochmal her.
Aber Helga wächst ja ganz schrecklich und wird mager. Ich verschreibe ihr mal Calzipot, also ein Kalkpräparat.“
Ich habe nun versucht, dass ich auch außerhalb des Rezeptes noch Calzipot bekomme, was mir auch gelungen ist. Da gebe ich Jörg was mit, denn ihm kannst auch nicht schaden. Helga kann es ja brauchen, denn sie ist manchmal etwas matt. Das kommt vom schnellen Wachstum. Ich habe es Dr. Bundschuh auch gesagt.
Unsere zwei Lauser werden immer größer und selbständiger. Morgen wollen sie einmal allein ins Hallenbad gehen. Ich habe immer ein Bisschen Angst, aber andere, auch kleinere Kinder, gehen ja auch allein, und ganz unselbständig sollen unsere Kinder ja auch nicht werden. Im Hallenbad ist auch ein Bademeister, der bei den Kindern aufpasst.
Heute war Jörg mit dem Richard auf dem Bismarckturm. Als er wieder runter kam, erzählte er: “Uns ist es nicht gut gegangen. Wir haben Äpfel gesucht, da kam eine alte Frau und ist uns hinterher gerannt. Die konnte noch gut rennen, aber gekriegt hat sie uns nicht. Aber Birnen haben wir noch gefunden, die waren gut. Und wenn die erst mal noch reif sind,, da werden sie schmecken.“ Vorgestern hat Jörg auch was angestellt. Da haben Schwehrs eine junge Katze. Die ist immer rüber gekommen und hat Jörg und Richard beim Spielen gestört. Ich hatte ihnen die Wanne mit Wasser zum Schiffle fahren und abends zum Baden für unsere zwei gefüllt. Jörg kriegt über die Störung einen Zorn und tut die Katze ins Wasser. Da kam Herr Schwehr angerannt und hat gesagt, er will es in der Schule melden. Das hat Jörg doch beeindruckt, d.h. eine Zeit lang, , dann meinte er, Herr Schwehr hat es sicher schon wieder vergessen.“ Aber er macht doch immer noch einen Bogen, wenn er ihn sieht. Ich glaube es ja nicht, aber sollte es Herr Schwehr aus Wut doch melden, da würde ich dagegen angehen, denn Jörg hat das in seiner Dummheit gemacht, denn roh war er bisher nie.
Es ist gut, dass unser Lauser da ist. Da hat es Raupen am Kraut. Ich ekle mich davor, und Helga auch, aber Jörg nimmt in die Hand, soviel er fassen kann, und macht sie hin. Er hat aber gleich gesagt: „Wenn ich das mache, brauche ich doch sonst nicht so viel im Garten zu helfen.“
                                                                                                                        18.8.
Du wirst denken, was ich jetzt für eine neue Mode anfange, dass ich nicht jeden Tag einen Brief schicke. Das kommt daher, dass ich deine neue Adresse noch nicht weiß, und so weiß ich auch immer nicht, soll ich den Brief an die alte Nummer schicken, oder nicht.
Heute Vormittag war ich beim Nähen, bzw. Knöpfe annähen. Es hat mir ganz gut gefallen, und ich gehe gern wieder. In dem kleinen Saal stehen lange Tische mit Stühlen. Vor jedem Stuhl steht eine Schachtel mit Knöpfen, Garn und Nadeln, auf dem Boden eine Fußbank. Schere und Fingerhut muß man selber mitbringen. Dann geht das Nähen los.
Am Nachmittag waren Helga und Jörg im Hallenbad, d.h. im Freibad und wirklich in der Halle. Es hat ihnen sehr gut gefallen. Wie sie mir sagten, passt überall ein Bademeister auf. Sobald jemand zu nahe an die Kette, also ans Tiefe kommt, pfeift er. Ebenso mussten sie aus dem Wasser, wenn der Bademeister sieht, dass die Kinder frieren. Sie haben mich schon gefragt, ob sie bald wieder gehen dürfen, und ich gestatte es ihnen gerne, wenn so nichts passieren kann.
Heute Abend habe ich noch an Papa und Erna geschrieben. Die Durchschläge schicke ich dir wieder mit.

                                                                                                                        19.8.
Heute ist nun Vaters Geburtstag. Über Mittag sind wir zu Vater runter gegangen und haben ihm unsere kleinen Geschenke gebracht. Vor allem die Zigarren vor dir, über 20 Stück. Das war ihm ja eine große Freude, denn er hat jetzt einige Male keine zu kaufen gekriegt. Dann etwas Gebäck, 1 kleine Tüte Bohnenkaffe und 2 Sträuße. Zigarren und 1 Strauß haben die Kinder ihm gegeben und haben ihm gratuliert. Dabei hat er von ihnen auch viele Küsse bekommen, was ihn ganz glücklich gemacht hat. Man sieht es an seinem Gesicht. Er drückt sie dann an sich und lacht froh.
Als wir runter kamen, wollte Vater gerade Brot holen gehen. Ich habe ihm gesagt, dass ich das mit besorge, was ihm sehr recht war. Ebenso habe ich die Lichtrechnung zum Bezahlen mitgenommen. Ich freue mich, wenn ich ihm ein wenig helfen kann.
Noch was habe ich vergessen. Deinen Brief habe ich Vater auch mit gegeben. Er wird ihn gelesen haben, als wir fort waren.
Von Kurt kam auch ein Brief. Er schreibt aus einem Bunker. Sie haben einen Stellungswechsel gemacht, und liegen nun nahe bei den Russen. Er schreibt, dass nachts immer ein Mordskonzert losgeht. Der Bunker sei ganz annehmbar, aus den Klamotten komme man allerdings nicht heraus, da man immer für einen Alarm bereit sein müsse. Er hofft, dass es dort keine Schweinerei geben werde, denn er habe eigentlich vom letzten Mal noch genug. Diesen Brief habe ich Vater auch mit runter genommen.
Nun muss ich dir von heute Nachmittag erzählen. Wir wollten ins Kino. Ich in „Rembrandt“ (nicht jugendfrei), die Kinder in „Blinde Passagiere“ mit Pat und Patachon. Wir haben erst noch die Lichtrechnung bezahlt und haben uns dann getrennt. Die Kinder sind zum Capitol, ich zum Gloria gegangen. Als ich nach dem Film, der übrigens hervorragend war, heraus komme, stehen die Kinder da. Sie haben nicht ins Kino können, da alles ausverkauft war, als sie nach langem Anstehen an die Reihe kamen. Nun haben sie mich gebettelt, ich solle doch mit ihnen in den Film gehen, zur Aufführung um ½ 6. Ich wollte ihnen die Freude nicht verderben, und so habe ich an einem Tag gleich zwei Filme gesehen. Mir hat hinterher aber auch der Kopf gebrummt. Jetzt ist es wieder besser.

                                                                                                            20.8.
Gestern hatte ich Vater gebeten, doch am Abend noch herauf zu kommen. Das hat er auch getan. Ich hatte ihm noch zwei gute Zigarren (mit Laufbinde „Diplomat“) hingelegt. Dazu haben wir je einen Cognac und ein Kirschwasser und etwas Gebäck gegessen. ¼ 1 Uhr ist er heimgegangen, die eine der Zigarren hat Vater unterwegs noch geraucht. Ich war sehr müde und bin gleich schlafen gegangen. Heute Morgen konnte ich ja ausschlafen. Wenn die Kinder wieder in die Schule müssen, geht es ja nicht mehr. Im Allgemeinen stehe ich ja auch jetzt immer ¾ 7 Uhr auf, während ich die Kinder schlafen lasse, so lange sie Lust haben.
Heute Nachmittag habe ich die Erdbeeren hinterm Haus ausgeputzt und umgegraben. Wegen Mist war ich nun heute auf dem Gutshof. Den Zettel habe ich mir ja schon vorige Woche geholt. Es wurde mir nun gesagt, dass die Mistabgabe bis Ende September gesperrt ist und ich für Anfang Oktober vorgemerkt bin. Das reicht mir ja noch. Anfang Oktober gräbt man ja erst um. Vor allem will ich Mist an die Erdbeeren und die Beerensträucher tun.
Die Kinder waren heute wieder im hallen- bzw. Freibad. Es macht ihnen große Freude.
Nun kommt noch die Hauptsache dieses Tages. Ich habe deinen lieben Brief vom 14.8 aus M. erhalten. Ich habe mich sehr darüber gefreut. Eine ganze Strecke hattest Du da ja zurückgelegt. Ich glaube schon, dass es Aufsehen gemacht hat, als Du an dem Ort wieder angekommen warst. Es ist schade, dass die Leute, die jetzt dort sind, alles verderben, was ihr gutgemacht hattet. Aber du kannst ja auch nichts daran ändern. Aber es wird dir sicher eine gewisse Freude gewesen sein, als du so hörtest, dass ihr beliebt gewesen seid. Gemerkt hatte man es ja schon, als Euch die Leute zum Abschied Blumen brachten.

                                                                                                            21.8.
Heute ist der Schrank angekommen. Ich bin gleich an die Bahn gegangen. Jörg sagte mir vorher schon „gestern als ich vom Baden kam, habe ich den Schrank gesehen, rotes Papier ist drum, und Holz.“ Ich glaubte es erst nicht recht, aber es war so. Ich habe mir alles angesehen, es war alles in Ordnung. Nun wollte ich mir den Schrank bringen lassen. Aber da hätte ich erst in den Hafen zum Spediteur fahren müssen. Da bin ich erst mal Heim gegangen und habe Herrn Leimenstoll gefragt, ob er mir den Schrank mit abladen würde, wenn ich ihn mir selber holte. Er war sofort damit einverstanden und Frau Leimenstoll sagte: „Sie haben mir schon so oft einen Gefallen getan, ich gehe gerademit zur Bahn und helfe schieben.“ So sind wir runter gefahren. Der Lagerarbeiter hat mir den Schrank auf den Wagen geladen, wofür ich ihm ein Trinkgeld gegeben habe. Zuhause hat Herr Leimenstoll reintragen geholfen und hat auch den Holzverschlag auseinander gemacht, was mir auch zu schwer gewesen wäre. Denn er war fest zugenagelt. Ich habe dann die Füße an den Schrank gemacht, habe ihn geputzt und gewachst. Er macht jetzt einen guten Eindruck. Die Schublade unter dem Schrank habe ich für Dich reserviert und habe Dein Briefmarkenalbum reingelegt. Ich habe noch den Schrank eingeräumt. Ich habe viel untergebracht. Die Kommode war nun frei und da hat Helga und Jörg je 1 Kasten für ihre Wäsche bekommen. Da ist ihr Kleiderschrank auch nicht mehr so vollgestopft. Im Schrank war drin an Sache: 5 Bettlaken, (3 davon fast neu) gebraucht, 4 Bettbezüge, gebraucht, 6 Kissen, 4 Tischdecken ( 1 neu, 1 fast neue gestickte, 1 weiße, 1 bunte), 2 neue Handtücher, 4 neue Wischtücher, 2 Überhandtücher, 2 Sofakissenbezüge, Staubtücher, Wischtücher, 2 seidene, weiße Halstücher, weiße Knabenhemden, ältere Gardinen (die ich mir zu Scheibengardinen umarbeiten kann), einige kleine Deckchen, dazu noch ältere Wäsche, Strümpfe, Jacken, usw.  Bis heute Abend habe ich zu tun gehabt, bis ich alles soweit versorgt hatte. Erst war es ja ein wildes Durcheinander.

                                                                                                            22.8.
Samstag war heute und ein arbeitsreicher Tag. Früh habe ich erst die Wohnung geputzt, dann bin ich einkaufen gefahren. Hinterher habe ich gekocht, während das Essen kochte, haben wir einen Eimer Kartoffeln ausgegraben und Äpfel zusammen gesucht. Äpfel hat es jeden Tag 4 – 6 Pfund. Natürlich muss ich ziemlich viel ausschneiden, aber zwei große Schüsseln Apfelmus gibt es doch. Wir haben bisher schon ca. 1 ½ Zentner aufgelesen. Das hat mir schon viel geholfen. Nach dem Essen habe ich erst mal verschiedene Sache, die gestern mit ankamen, gewaschen, damit ich sie wegtun kann. Dann habe ich einen Apfelkuchen gebacken, hinterher Gurken zu Senfgurken geschält, ausgehöhlt und eingesalzen. Dann die Treppe geputzt, Abendessen gekocht, und nun, nachdem die Kinder im Bett sind, sitze ich beim Schreiben.
Die Kinder waren heute wieder baden. Sie haben sich diesmal einen Schwimmgürtel für 10 Pfg. geliehen und haben das Schwimmen probiert. Die Bewegungen können sie schon gut, vor allem Helga. Jedenfalls hat sie´s vergangenen Sonntag gut gemacht.
Von dir habe ich noch keinen Brief weiter erhalten. Hoffentlich bist du gesund an Deinem Bestimmungsort angekommen. Ich denke immer an Dich. Vielleicht erfahre ich nun bald Deine neue Nummer, damit ich auch wieder regelmäßig schreiben kann.

                                                                                                            23.8.
Ein Tag nach dem anderen geht vorbei. Den Sonntag haben wir auch wieder hinter uns gebracht. Meist mit schaffen. Ich habe heute am Nachmittag mit der Maschine genäht, und hinterher habe ich gestopft. So ist der Tag bald herum gegangen. Es ist schön, dass wir ein richtiges Radio haben. So kann man immer hören und hat Unterhaltung.
Morgen ist nun der letzte Ferientag der Kinder. Sie haben sich schon vorgenommen, noch einmal richtig auszuschlafen. Es wird ihnen sicher die ersten Tage schwer fallen, wieder zeitig aufzustehen. Jörg hat sich schon Hoffnungen gemacht, dass vielleicht die Ferien verlängert werden, wie im Winter manchmal. Ich habe es ihm aber gleich ausgeredet.

                                                                                                            25.8.
Mein liebster Ernst!
Gestern bin ich nicht zum Schreiben gekommen. Es war ein strenger Tag. Früh hab ich erst aufgeräumt, dann gebügelt, dann Essen gekocht, dann Äpfel zu Apfelmus geschnitten. Nach dem Essen bin ich einkaufen gefahren. Hinterher hab ich Apfelmus gekocht und drei Glas sterilisiert. Eine Tasche Bohnen hab ich noch gepflückt und wieder einen Eimer Kartoffeln ausgegraben. Davon hab ich Vater gestern Abend welche mitgegeben. Es gibt doch jetzt noch von den neuen Kartoffeln nur 5 Pfund pro Person und Woche. Das ist ein Bisschen knapp, und so kann ich mit unseren Kartoffeln aushelfen.
Heute Morgen bin ich wieder nähen gegangen. Vorher traf ich den Briefträger. Er gab mir drei Päckchen von dir, die ich gleich mitgenommen habe. In der Nähstube hat mich dann Jörg und Helga besucht, als sie aus der Schule kamen. Helga hatte länger Schule, kam also später und blieb dann gleich da, bis ich mit heimging. Zuhause haben wir dann gleich die Päckchen ausgepackt. Es waren die Nummern 29, 31 und 32 mit Bonbons, Fisch und Butter. Alles ist tadellos angekommen. Die Butter habe ich mir ausgelassen und kann sie mir nun noch aufheben. Ich danke dir für alles sehr. Die Fahrkarten, die mit im Päckchen waren, habe ich Jörg gegeben. Waren sie für ihn bestimmt?
Heute Nachmittag habe ich drei Glas Bohnen sterilisiert. Viel will ich nicht machen, weil die Kinder jetzt lieber weiße Bohnen essen. Die bekomme ich ja, denn es hängen noch viele an den Stangen. Die ersten Apfelringe habe ich heute auch geschnitten und aufgehängt. Morgen gibt es sicher auch wieder welche.
Am Nachmittag erhielt ich deinen lieben Brief vom 15.8., den du unterwegs geschrieben hast. Du musst ja immer deiner Einheit nachfahren, bis du sie einmal erreichst. Ich danke dir sehr, dass du mir auch von unterwegs immer wieder schreibst. Es ist immer wieder ein so lieber Gruß. Gestern habe ich einen kurzen Brief an deine alte Adresse geschrieben. Ich weiß ja nicht, ob es einen Wert hat, und ob du ihn schneller erhältst. Aber versuchen wollte ich es jedenfalls.

                                                                                                            26.8.
Von heute ist eigentlich nicht viel zu berichten. Ich habe den ganzen Tag im Haus zu tun gehabt mit stopfen, Apfelringe schneiden, Apfelmus kochen. Von Erna kam ein Brief, in dem sie schreibt, dass Siegfried vom Zug nun endgültig abgelöst ist. Er musste vorher noch eine Fahrt mitmachen, weil der Ersatz noch nicht da war. Am 24., an dem Erna den Brief an mich schrieb, sollte Siegfried nun untersucht werden, ob er für Afrika tauglich ist. So lange Siegfried noch in Eilenburg ist, fährt Erna jeden Abend hin und am Morgen wieder zurück, damit sie Papa versorgen kann.

                                                                                                            27.8.
Heute war ein wichtiger Tag. Ich erhielt deine Feldpostnummer und habe gleich zur Flugpost an dich geschrieben. Nun will ich dir aber noch vom Tag erzählen. Am Nachmittag wollte ich gleich den Brief fortbringen, und da ich nicht wusste, ob er zu schwer ist, ihn vorher wiegen. Die Kinder gingen zum Turnen. Heute bis Samstag ist von der Salzburger „Max und Moritz Bühne“ eine Struwelpeter-Aufführung. Ich habe für Samstag 3 Karten besorgt. Als ich nun von der Post kam, dachte ich, du fährst bei der Turnhalle vorbei und sagst das von den Theaterkarten den Kindern. Ich fuhr also vorbei. Da kamen die Kinder gerade heraus. Es war kein Turnen, trotzdem es extra heute in der Zeitung stand. Was also tun? Ich hatte den Kindern versprochen, morgen mal mit ins Hallen-Freibad zu gehen. Was lag also näher, als das gleich heute zu tun, vor allem, da es so heiß war. Gesagt, getan. Die Kinder sind zum Bad gepilgert und ich bin heimgefahren und habe die Badesachen geholt. Ich habe mir nun mal das Freibad angesehen auf Sicherheit wegen der Kinder. Wenn also die Kinder brav sind und nicht über die Absperrung klettern, kann ihnen nichts geschehen. Gestern ist ein 7jähriger Bub über die Absperrung geklettert und ertrunken. Seine Spielkameraden haben gar nichts gemerkt, sondern sind erst nach dem Bad zu der Mutter und haben gesagt, dass sie ihn nicht mehr gesehen hätten. Die Frau ist gleich hingelaufen. Da war es natürlich schon lange zu spät. Nach einigen Stunden hat man den Buben tot gefunden. Wir sind von 4 bis ¼ 7 im Bad gewesen und nachher heimgegangen. Nun liegen die Kinder schon längere Zeit im Bett. Bei mir wird es auch nicht mehr lange dauern. Das Schwimmen, vor allem gegen den Strom, hat mich ziemlich angestrengt.
Darum jetzt „Gute Nacht“, schlaf gut und wach gesund wieder auf. Ich grüße und küsse dich recht herzlich Deine Annie.

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