Montag, 14. August 2017

Brief 397 vom 7./ 8.8.1942


Mein liebster Ernst!                                                 Konstanz, 7.8.42

Heute war wieder ein besonderer Tag. Wir waren in Bregenz. Wir hatten es uns schon am Abend vorher vorgenommen. ¼ 6 Uhr sind wir aufgestanden und haben nach dem Wetter gesehen. Und welch Wunder, - der Himmel war vollkommen wolkenlos. Das war eine Freude. Wir haben uns schnell fertig gemacht und sind um 7 Uhr fortgegangen. Um 8 fuhr das Schiff. Wir hatten einen guten Platz und haben die Fahrt richtig genossen. Um 12 waren wir in Bregenz. Wir haben uns die Stadt angesehen und sind dann zur Pfänderbahn gegangen. Bis unser Wagen an die Reihe kam (es waren Nummern ausgegeben worden), verging etwas über eine Stunde. Dann ging die Fahrt los. Es war sehr schön. Auf dem Pfänder haben wir uns die herrliche Aussicht angesehen. ¼ 4 Uhr ging unser Wagen wieder zur Talstation, so dass wir noch gut unser Schiff, welches ¼ 5 fuhr, erwischten. Da hatten wir dann wieder eine herrliche Heimfahrt. Nach ¼ 9 waren wir daheim, d.h. am Hafen und gegen 9 Uhr in der Wohnung. Ich habe gleich noch was zum Essen gekocht und nach dem Essen sind die Kinder in´s Bett gegangen. Die Pfänderbahnfahrt war für uns alle ein Erlebnis. Wenn Du mal Urlaub bekommst, erzähl ich dir alles genau.
Als wir heim kamen, fand ich deine lieben Briefe vom 29., 31.7. und 1.8. vor. Ich habe mich sehr darüber gefreut. Sie sind gar nicht lange unterwegs gewesen. Die vorhergehenden Briefe fehlen ja noch. Ich habe bisher die bis zum 19. Laufend, dann den Brief vom 22 und 27.7. erhalten.

                                                                                                                        8.8.
Gestern Abend konnte ich vor Müdigkeit nicht weiter schreiben. Aber jetzt will ich deine Briefe beantworten. Wie ich aus allem ersehe, seid ihr ja jetzt an einen ganz elenden Ort gekommen. Mit der Sauberkeit ist es dort also auch nicht weit her. Bei uns kommt es einem schon schmutzig vor, wenn man mal 1 oder 2 Tage nicht zum Kehren oder Wischen kommt. Dort machen sie es ja bedeutend einfacher, mit Spaten und Unkrautbesen. Es ist aber wohl besser, wir bekehren uns nicht zu der dortigen Arbeitsweise, meinst Du nicht auch? Mit Betten wie in Frankreich ist es dort auch nichts und ihr seid schon froh, wenn ihr ein richtiges Heulager habt. Wenn man noch elastisch genug ist, diese Wechsel ohne großes Murren zu ertragen, dann geht es immer noch. Sonst macht man sich ja das Leben noch schwerer. Auch bei mir taucht immer wieder der Wunsch auf, dass du bald einmal auf Urlaub kommen möchtest, aber wenn ich dann daran denke, dass du von den anderen Kameraden geschrieben hast, dass sie teilweise 17 Monate nicht daheim waren, dann vergeht mir das Wünschen. Bis zu 17 Monaten dauert es ja noch eine ganze Weile. Durch Sperrholzplatten lässt es sich ja schlecht hindurch sehen, und bei der sparsamen Verwendung der Glasscheiben, kann ich mir die Finsternis bei Euch gut vorstellen. Noch dazu, wenn Bäume um´s Haus stehen. Einen davon ahbt ihr ja nun gefällt, wenn auch nicht auf ganz vorschriftsmäßige Weise. Aber wenn nur der Zweck erreicht war.
Haben sie dir denn von der Einheit geschrieben, dass sie das Geld, das ich ihnen geschickt hatte, weitergeleitet haben? Und hast du noch Radioröhren besorgen lassen können? Die Luftpostmarken verwende ich bald wieder. Ich hatte ja noch eine da. Aber eine will ich immer Reserve haben, wenn mal was Eiliges zu schreiben ist.
Von Siegfried erhielt Erna gestern einen Brief, dass sie in Singen ausgeladen haben. Er wäre gern mit nach Konstanz gekommen, aber sie hatten nicht lange Aufenthalt. Das ist doch auch Pech, so nahe und man kann sich doch nicht sehen.
Nun, lieber Ernst, muß ich wieder schließen. Es geht bei uns jetzt alles ein bißchen im Tempo. Wir wollen noch nach Überlingen. Morgen, am Sonntag, ist zu viel Betrieb. Da wollen wir nur auf den Tabor gehen. Am Montag holt sich Erna die Fahrkarte und ich gehe einkaufen und am Dienstagmittag fährt sie fort. Da gehen wir ja nicht mehr so oft fort, denn mein Bedarf für diesen Sommer ist ja gedeckt. Ich freue mich auch wieder auf etwas Ruhe, d.h. Ruhe ist es ja nicht, weil ich viel im Garten zu tun habe. Aber du weißt schon, wie ich es meine. Es ist nicht mehr da viele Herumlaufen. Da soll aber nicht heißen, dass mich diese Tage nicht gefreut hätten.
Nun mein liebster Ernst, schicke ich dir nochmal recht herzliche Grüße und Küsse Deine Annie.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen