Montag, 14. August 2017

Brief 392 vom 02.08.1942


Mein liebster Ernst!                                       Konstanz, 2.8.42

Ein Brief ist heute nicht angekommen, dafür das Päckchen Nr. 24 mit den Brisago für Vater. Ich hebe sie wieder auf.
Eigentlich wollten wir jetzt, wo ich schreibe, spazieren gehen und zwar auf dem Tabor. Es wird aber vorläufig nichts damit, denn es donnert und blitzt schon wieder. Erst hatten wir überhaupt die Absicht, wieder baden zu gehen, aber Erna ist von gestern ein bißchen verbrannt, da fürchtet sie die Sonne. Wir sind ja nicht mehr so empfindsam, da wir schon braune Farbe haben. Das schwimmen hat mir ja gestern besonders gut gefallen. Das ist immer wieder fein.
Wie gut ist es, dass wir vorhin nicht fort gegangen sind. Das Gewitter ist ganz schnell gekommen, und jetzt gießt es, was nur vom Himmel herunter will. Das ist dann mollig, wenn man im Trockenen sitzt.
Erna schreibt gerade an Siegfried und wir dann wollen beide noch an Papa schreiben, damit er auch zufrieden ist. Bisher hat er nur eine Karte bekommen, dass Erna gut angekommen ist. Das Fräulein wohnt während der Zeit von Ernas Abwesenheit nun doch nicht mit ihrer Mutter bei Papa, weil die alte Frau nicht will. In Mockau draußen könnte ihre Tochter mittags nicht nach ihr sehen.
Bei Siegfried und Erna ist es jetzt so, dass sie wahrscheinlich die Kücheneinrichtung und die Betten von Papa bekommen, da sie sonst eben verkauft werden müssten, da das Fräulein selber ihre Einrichtung mitbringt. Nur eine Stubeneinrichtung wollen sie sich selber kaufen. Mit der Wohnung hat es bis jetzt noch nicht geklappt, doch ist ihnen vom Bauverein versprochen worden, dass sie eine Kleinstwohnung bekommen, wenn eine frei wird. Zwar wäre evtl. ein Hausmannsposten damit verbunden, aber einstweilen wäre es ja die Hauptsache, dass sie eine Wohnung hätten.
Wir können jetzt wieder fast jeden Tag Falläpfel aus dem Garten holen und Apfelmus kochen, das wir dann auf´s Brot nehmen. Sterilisieren tue ich erst welches, wenn die Äpfel noch etwas süßer sind. Tomaten haben wir gestern auch wieder über ein Pfund aus dem Garten geholt. Das Weißkraut hat auch schon ziemliche Köpfe. Es wächst dieses Jahr eigentlich alles ziemlich gut. Diese Woche feiere ich ja noch, aber dann muss ich bald wieder im Garten schaffen und auch Bohnen einmachen. Aber ich werde schon alles nachholen.
Nun bin ich mit meiner Weisheit (wie du manchmal sagst) zu Ende und will deshalb schließen. Viel Wichtiges steht ja heute nicht im Brief, aber manchmal weiß man auch gar nichts Richtiges. Ich grüße und küsse Dich für heute wieder recht herzlich Deine Annie.

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