Montag, 14. August 2017

Brief 393 vom 3.8.1942


Mein liebster Ernst!                                       Konstanz, 3.8.42

Zwei Briefe habe ich heute vor dir erhalten, vom 19. Und 27.7. Letzterer kam mit Luftpost. Ich danke dir sehr dafür. Beim Schreiben des ersten Briefes seid ihr ja noch unterwegs gewesen und habt allerlei erlebt. Inzwischen erhielt ich den Brief, wo ihr gelandet seid und nach dem Brief vom 27. Baut ihr dort fest auf. Nötig wird es ja bestimmt sein, nachdem fast alles kaputt ist. Dort machen sich also auch die Partisanen bemerkbar.
Am besten ist es ja, man macht sie unschädlich, sie sind ja so heimtückisch. Wenn man sie nur alle fassen könnte.
3 Päckchen bzw. 4 kamen heute auch an. Nr. 20, 23 und zum zweiten Mal eine Nr.25 mit Brot und Zigarren, dazu ein Päckchen ohne Nummer mit Briefen. Jetzt habe ich bis 16 alle erhalten. Nr.17 (wahrscheinlich mit der Schokolade für Jörg) fehlt noch. Dann habe ich 18, 19, 20, 23, 24, 25 und 25 bekommen.
Ich war heute nochmal mit Erna in der Stadt. Für Jörg habe ich von Deinem Geld noch eine Hose bekommen. Das restliche Geld, 13.-Mk., habe ich mit auf den Geburtstagstisch gelegt. Für Helga´s Geburtstag hat Erna jetzt schon eine schöne Schürze gekauft, die noch bestickt werden muss. Nun will ich Dir noch den Geburtstagstisch beschreiben. Jörg wird ja wie im Frieden beschenkt.
Von Helga erhält er einen Stock Primeln, von Erna einen Strauß Gladiolen und Nelken, sowie 5 .-Mk. Von Frau Diez kamen ein Paar Kniestrümpfe an, Papa schickte durch Erna ein Buch, „England´s Verbrechen 1941“. Vielleicht wird er noch ein bißchen zu klein dazu sein, aber man kann es ja aufheben. Dazu noch ein Brief. Von Dir erhält er ja einen Brief, ein Paar Hosen, 13.-Mk., von mir 1 kleines Holzschiff, 2 Reiter, 1 kleines Buch „Gesundheitsfibel“, 1 Läufer, Modellierbogen, Griffel, Pralinen. Was sagst Du nun? Ist das nicht reichlich?
Dazu habe ich noch einen Streuselkuchen gebacken. Da es heute regnet und wahrscheinlich auch morgen noch nicht schön sein wird, so dass wir nicht nach dem Hohentwiel können, wollen wir in´s Kino und hinterher Eis und Torte essen gehen. Erna hat uns dazu eingeladen. Bei schönem Wetter gehen wir natürlich auf den Hohentwiel, das ist ja klar. Jörg ist schon voller Spannung wegen morgen. Um 6 will er schon aufstehen, das hat er schon angekündigt.
Erna sagte mir heute gerade, dass Papa den Wäscheschrank von Mama bald an mich auf den Weg bringen will. Er fragte mich doch beim Begräbnis, welchen Schrank ich später einmal haben wollte, und ich bezeichnete den von Mama, da an ihm viele Erinnerungen hängen. Da die Frau nun ins Haus kommt, fällt mir der Schrank jetzt schon zu. Gut brauchen kann ich ihn ja, nur muss ich mir erst einen geeigneten Platz dafür aussuchen. Aber erst muss er mal da sein. Lassen tue ich ihn der Frau ja nicht, wenn ich ihn bekommen kann.
Gestern konnte ich dir den Durchschlag des Briefes an Papa nicht mitschicken, weil ich damit bis ½ 5 nicht fertig war. Heute hole ich das nach.
Gegen 6 Uhr hatte es sich gestern aufgeheitert und wir sind noch auf den Tabor gegangen. Plötzlich zog wieder ein Gewitter heran und es fing an zu gießen. Glücklicherweise waren wir schon wieder im Wald, wo wir fast gar nicht nass wurden. Wir haben unter den Bäumen den Regen abgewartet und sind dann heimgegangen. Schön war der Spaziergang doch und wir hatten auf dem Tabor eine herrliche Aussicht.
Nun lass mich wieder  schließen. Ich denke immer an Dich und hoffe ganz fest, dass du gesund bleibst. Ich grüße und küsse dich recht herzlich Deine Annie.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen