Mein liebster Ernst! Konstanz,
1.8.42
Nun bist du an einem neuen Ort, wie ich aus deinem lieben
Brief vom 22.7. entnehme. Ein erhebender Ort scheint es ja nach Deiner
Schilderung nicht zu sein. Da wird auch die Unterkunft noch schlechter geworden
sein und ihr werdet Euch erst nach und nach etwas herrichten müssen.
Wo es dort so schlecht ist, kommt es mir gar nicht recht
vor, dass wir es hier so gut haben, besonders jetzt, wo wir Ferien machen. Wir
merken doch fast gar nichts vom Krieg.
Heute waren wir beim Baden draußen beim Wasserwerk. Es hat
besonders Erna gut gefallen, die ja zum ersten Mal im See gebadet hat. Es waren
gar nicht viele Leute da, was ihr besonders im Gegensatz zu den Leipziger
Bädern gefallen hat. Unsere zwei Lauser waren wieder kaum aus dem Wasser zu
bringen.
Jörg zählt die Tage bis zu seinem Geburtstag. Er hat sich
gewünscht, dass wir an diesem Tag auf den Hohentwiel gehen. Wenn es mit dem
Wetter geht, wollen wir ihm auch diesen Wunsch erfüllen. Wir backen zu diesem
Ehrentag einen Hefestreuselkuchen, weil es ja kein Backpulver mehr gibt. Ich
denke, es wird auch schmecken. Am Abend, wenn wir heim kommen, gibt es noch
Pudding. Das ist doch im Krieg noch ein
sehr schöner Geburtstag, nicht wahr?
Siegfried hatte gehofft, dass sie vielleicht in der Nähe
ausladen, damit er hier mit vorbei kommen könnte, aber bis jetzt hat es nicht
geklappt. Sie haben in Trier ausgeladen, gerade an dem Abend, als die Engländer
in Saarbrücken bombardiert haben. Sie haben scheinbar ziemlich gehaust, und das
Gautheater ist auch zerstört. Aber das wird den Engländern nicht vergessen
werden.
Nun laß mich wieder schließen. Bleib auch weiterhin gesund
und denke an uns. Ich grüße und küsse Dich recht herzlich Deine Annie.
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