Montag, 14. August 2017

Brief 391 vom 01.08.1942


Mein liebster Ernst!                                                       Konstanz, 1.8.42

Nun bist du an einem neuen Ort, wie ich aus deinem lieben Brief vom 22.7. entnehme. Ein erhebender Ort scheint es ja nach Deiner Schilderung nicht zu sein. Da wird auch die Unterkunft noch schlechter geworden sein und ihr werdet Euch erst nach und nach etwas herrichten müssen.
Wo es dort so schlecht ist, kommt es mir gar nicht recht vor, dass wir es hier so gut haben, besonders jetzt, wo wir Ferien machen. Wir merken doch fast gar nichts vom Krieg.
Heute waren wir beim Baden draußen beim Wasserwerk. Es hat besonders Erna gut gefallen, die ja zum ersten Mal im See gebadet hat. Es waren gar nicht viele Leute da, was ihr besonders im Gegensatz zu den Leipziger Bädern gefallen hat. Unsere zwei Lauser waren wieder kaum aus dem Wasser zu bringen.
Jörg zählt die Tage bis zu seinem Geburtstag. Er hat sich gewünscht, dass wir an diesem Tag auf den Hohentwiel gehen. Wenn es mit dem Wetter geht, wollen wir ihm auch diesen Wunsch erfüllen. Wir backen zu diesem Ehrentag einen Hefestreuselkuchen, weil es ja kein Backpulver mehr gibt. Ich denke, es wird auch schmecken. Am Abend, wenn wir heim kommen, gibt es noch Pudding.  Das ist doch im Krieg noch ein sehr schöner Geburtstag, nicht wahr?
Siegfried hatte gehofft, dass sie vielleicht in der Nähe ausladen, damit er hier mit vorbei kommen könnte, aber bis jetzt hat es nicht geklappt. Sie haben in Trier ausgeladen, gerade an dem Abend, als die Engländer in Saarbrücken bombardiert haben. Sie haben scheinbar ziemlich gehaust, und das Gautheater ist auch zerstört. Aber das wird den Engländern nicht vergessen werden.
Nun laß mich wieder schließen. Bleib auch weiterhin gesund und denke an uns. Ich grüße und küsse Dich recht herzlich Deine Annie.
Ich bin auch immer mit meinen Gedanken bei dir, du mein lieber, guter, guter Ernst.

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