Sonntag, 30. Juni 2019

Brief 749 vom 17.07.1944

Mein liebster Ernst  !                                                            Konstanz, 17.6.44 

Viel weiß ich heute nicht zu berichten, dafür kann ich Dir aber eine andere Freude bereiten, ich kann Dir einige Bilder mitschicken. Leider nicht alle, wegen dem Briefgewicht.
Aber es wird Dich auch so freuen. Du bekommst sie nach und nach zugeschickt, bis alle 14 beieinander sind. 2 Bilder sind nichts geworden. Da sind die Köpfe nicht drauf Und damit wir redlich teilen, hast Du und ich je eine von den Aufnahmen gemacht.
Bei dem einen stehst Du mit Vater vorm kleinen Stachelbeerbäumchen, beim anderen
spiele ich mit den Kindern Ball. Das ist ja nur ein kleiner Ausfall, dafür sind die anderen Aufnahmen soweit ganz ordentlich geworden. Auf jeden Fall sind es wieder liebe Erinnerungen. Wenn ich die Bilder anschaue, kann ich mir den Urlaub wieder genau vorstellen. Was sagst Du zu dem Bild, auf dem ich Fußball spiele? Und wie gefällt Dir Dein lustiges Bild? Doch ganz ausgezeichnet. Da hast Du mir so frech eine Fratze geschnitten und nun bist Du so im Bild festgehalten.  Besser konnte das knipsen gar nicht klappen. Das ist mal unsere Meinung. Deine auch?  Ich mache ja auch eine lustige Figur, wie ich so auf einem Bein stehe und dem Ball nachschaue. Als wir es sahen, haben wir sehr lachen müssen. Wir wissen ja, wie das Bild entstanden ist und ich denke, daß es Dich auch freut. Heute morgen habe ich mal nur gestopft, nachdem ich gestern schon alles geputzt hatte. Am Nachmittag bin ich mit Helga in die Stadt gegangen. Ich habe ein Paar nette braune Holzschuhe bekommen. 10,20 M haben sie gekostet. Jörg war inzwischen daheim und hat sich ein Langrohrgeschütz gebaut. Aus einer Filmhülle, (also aus dem rot/schwarzen Papier, welches um einen Film herum liegt und auf dem die Nummern stehen, besteht das Rohr. Es ist zusammengedreht und langgezogen. Unten ist ein Brett mit 4 Rädern. Darauf steht eine Pappschachtel, oben mit einer länglichen Öffnung, damit sich das Rohr bewegen kann. Neben der Öffnung sind in Abständen Nägel angebracht, in welche eine Pappscheibe geschoben wird. Damit kann man das Rohr verstellen. An der Seite ist eine Tür und zu dem fahrbaren Brett herunter gehen mehrere Stufen. Jetzt hat sich Jörg noch ein Stück Gardine gefärbt und getarnt. Das gibt das Tarnnetz. Ich muß sagen, zum basteln hat Jörg viel Geschick.  Nun ist der Brief doch gleich vollgeschrieben. Ich dachte erst gar nicht, aber nun ist mir doch noch verschiedenes eingefallen.  Aber jetzt laß mich bitte schließen. Jörg ist gerade ins Bett gesprungen, ich will noch mit ihnen beten.
Du, mein lieber Schatz, sei recht oft und innig gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.

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