Lieber, allerliebster Ernst! Konstanz, 15.6.44
Da ich heute keinen Brief erhielt, kann ich Dir heute nur
von meiner Arbeit erzählen. Diese galt heute dem Garten. Gleich früh habe ich
begonnen. Zuerst kamen die ausgesäten Zwiebeln an die Reihe. Ich habe einen
Teil davon versetzt. An manchen Stellen standen sie zu dicht. Dann habe ich im
kleinen Garten hinter den Beeten, nach dem Baum zu, einige Weißkraut gesetzt.
Im großen Garten habe ich an einzelnen freien Plätzen bei den Sträuchern
Wirsing gepflanzt, ebenso im kl. Garten vor den Stachelbeersträuchern.
Später habe ich das Spinatbeet umgegraben. Ich habe dazu
noch Komposterde verwendet.
Im großen Garten konnte ich noch ein schmales Beet
zwischen dem Misthaufen und den Kartoffeln anlegen, wozu ich auch Komposterde
verwendet habe. Da pflanze ich entweder
Kraut oder Buschbohnen. Nun war die Erde fast verbraucht. Da habe ich das
Stück, wo Komposterde lag, auch umgegraben. Das gibt ja ein gutes Beet. Ich
will darauf Möhren aussähen. Heute
Mittag konnten wir wieder Erdbeeren ernten, ca. 1 ½ Pfund. Die hat Helga zu
Vater gebracht, ebenso 4 Kohlrabi. Im Laden bekommt man jetzt nur 1 Stück pro
Person, da sie noch rar sind. Vater hat sich aber auch gefreut. Nachmittags waren wir wieder baden. Da die
Freunde von Jörg, Walter und Richard, auch gingen, ist er gleich mit ihnen
gelaufen. Helga und ich sind später mit dem Rad nachgekommen. Es war, wie
immer, sehr erfrischend. Heute waren auch nicht so viel Leute da, da konnte man
gut schwimmen. Helga ist immer ins Wasser gesprungen und wollte auf den Grund
kommen. Es ist ihr aber einfach nicht gelungen. entweder ist sie auf dem Bauch
oder auf dem Rücken gelegen. Man kann das doch von oben so gut beobachten. Wir
haben lachen müssen, so ulkig sah das aus.
Helga hat aber fest mitgelacht.
Am Abend konnten wir nochmals einige Erdbeeren holen. Da habe ich Erdbeermus
für‘s Frühstück gekocht. Das schmeckt so gut.
Möglich ist mir das kochen ja nur, weil ich noch das Maismehl von Dir da
habe. Eier haben wir auch wieder
zugeteilt bekomme, pro Person 3 Stück. Die habe ich heute gleich eingelegt.
So, das wäre mein Tagwerk von heute. Unsere Kinder gehen jetzt manchmal schon
zeitig ins Bett und lesen dann noch. Vorhin haben sie es auch so gemacht. Hast
Du da eigentlich etwas dagegen? Sie sagen, es sei so gemütlich und sie könnten
sich dabei auch noch schön ausruhen. Für mich ist es ja ganz vorteilhaft, weil
ich dadurch in Ruhe meine Arbeit tun kann. aber wenn Du es nicht richtig
findest, lasse ich die Kinder eben nicht mehr im Bett lesen. Beim Wettkampf der HJ hat Helga auch dieses
Jahr die Siegernadel bekommen. eigentlich ist es jetzt gar keine Nadel mehr,
sondern nur eine kleine Urkunde. Ob Jörg die Siegernadel bekommt, das wissen
wir noch nicht genau. An unserem Baum
hängen bis jetzt eine ganze Menge Äpfel.
Ich bin gespannt, wie viele bis zur Reife herunterfallen. Die
Stachelbeeren sind schon schön groß und die Johannisbeeren röten sich. Die
Kartoffeln fangen bald an zu blühen.
Auf die Krautsetzlinge mußte ich Naaki streuen, die
Erdflöhe wüteten gar zu arg. Massenhaft sitzen sie auf den Blättern und die
Blätter sehen bald scheußlich aus. Das Erbsenbeet mit den niederen Erbsen habe
ich heute auch angehäufelt. Nachdem ich nochmals nachgesät habe, kommen sie nun
schön regelmäßig heraus. Ja, nun habe
ich Dir eigentlich fast ausschließlich vom Garten erzählt. Aber vielleicht
interessiert Dich das auch einmal. Ich schließe nun meinen Brief und grüße und
küsse Dich ganz herzlich und habe Dich immer lieb, Deine Annie.
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