Mein lieber, lieber Ernst ! Konstanz, 12.6.44
Heute erhielt ich keinen Brief von Dir. Aber ich warte
schon sehr auf den nächsten.
Vielleicht bringt er endlich die Nachricht, daß Du auch
Nachricht von uns erhalten hast. Es quält mich direkt, daß Du so lange
vergeblich warten mußtest. Ich habe doch gleich geschrieben und auch jeden Tag.
Endlich müssen Dich die Briefe doch erreichen.
Wenn Du mich nicht genau kennen würdest, könntest Du doch
auf den Gedanken kommen, ich wäre bummelig im schreiben gewesen. Und dabei ist
es mir doch eine Freude, an Dich zu schreiben und Dir mitzuteilen, was wir so
den Tag über getan zu haben.
Im allgemeinen
gibt es ja nicht viel Abwechslung, aber Du sagtest ja einmal, ich sollte Dir
nur davon schreiben, auch das würde Dich freuen. _ Der Gedanke beschäftigt mich
jetzt immer, ob Du wohl noch dort beim Lehrgang bist, nachdem die Invasion
begonnen hat, oder ob sie Euch schon abberufen haben. Wo wirst Du wohl hinkommen?
Hoffentlich bekommst Du es nicht gar zu hart. aber Du hast
recht, wir müssen alles auf uns zukommen lassen. Wir können ja doch nichts
ändern. Ich wünsche Dir jedenfalls mit ganzem Herzen alles Soldatenglück, Dir,
mein lieber, bester Ernst. Vom
gestrigen Tag hatte ich Dir ja schon geschrieben. Bis ¾ 7 Uhr war Resi mit den
Kindern da.
Dann mußte sie heim, weil ihre Mutter kommen wollte.
Besonders vertragen haben sich die Kinder nicht. Helga und Ingrid hatten
dauernd war miteinander. Aber Jörg und Gisela harmonieren gut zusammen, die
Gisela läßt sich ruhig necken und lacht mit, während Helga das nicht vertragen
kann. Resi hatte etwas erwähnt, daß sie nach Colmar auf 3 Tage fahren wollte.
Ihre Mutter wollte aber auch verreisen. Wir kamen dann vom Gespräch ab. Als sie
fort war dachte ich daran, daß ich ihr hätte sagen können, ich würde die Kinder
solange nehmen. Sie hatte es mir auch einmal angeboten.
Also bin ich noch schnell hingefahren. Ihre Mutter hätte
ihr aber abgeraten zu fahren.
Auf dem Heimweg dachte ich, wie komisch fährt denn das
Rad. Da war der Reifen an der schon einmal unterlegten Stelle weiter gerissen
und außerdem war er noch an einer anderen Stelle kaputt. Da habe ich mich noch
ans Radflicken gemacht. Ich habe 4 Stücke unterlegen müssen und außerdem habe
ich ein ganzes Stück Mantel oben drüber gemacht. Mal sehen, wie lange es hält.
Jetzt wird ja wohl öfter was kaputt gehen.
Als ich mit der Reparatur fertig war, war es schon 11 Uhr
geworden. Da bin ich dann gleich ins Bett geschlupft. Am Vormittag habe ich heute das schöne Wetter ausgenutzt und habe
etwas gewaschen. Bisher war immer das Wetter nicht zum aufhängen geeignet.
Am Nachmittag war ich im Garten. Dem Unkraut hat wieder
mein Kampf gegolten.
Bei dem nassen Wetter ist es ja ganz schlimm gewachsen.
einen ganzen Berg Unkraut hat es dann zum Rübertragen gegeben. Heute Abend haben wir 2 Schusseln Erdbeeren
gepflückt. Einige haben wir gegessen, von den anderen habe ich ein Mus gekocht,
welches wir in den nächsten Tagen aufs Brot essen. Ein Genuß sind ja die Erdbeeren
wieder.
Schade, daß wir Dir keine schicken können. Das würde Dich
doch sicher auch freuen.
Man kann ja jetzt überhaupt kein Päckchen schicken. Das
kränkt mich schon sehr, denn Dein Geburtstag kommt immer näher und ich kann ihn
Dir nicht ein wenig verschönern.
So üppig wird das Essen dort auch nicht sein, daß Du nicht
eine kleine Aufbesserung vertragen könntest. _ Vorhin brachte Vater uns wieder
3 Stück Apfelkuchen mit, den er gestern Abend noch gebacken hat. Soeben haben
wir ihn gegessen. Es hat Vater gefreut, als die Kinder beim Anblick des Kuchens
jubelten und ihm Küsse gaben (natürlich nicht dem Kuchen). Von Papa erhielt ich heute eine Karte. Er
schreibt, daß sie endlich von Siegfried wieder Nachricht bekommen haben. Er ist
ganz glücklich, denn er hatte sich schon große Sorge gemacht. Eben jetzt gehen die Kinder ins Bett. Es ist
schon ziemlich spät, bald 10 Uhr. Aber es war nach längerer Pause der erste
richtig schöne Tag. Das haben natürlich alle Kinder ausgenutzt und sind draußen
zum spielen gewesen.
Da wollte ich unseren Beiden auch die Freude gönnen und sie
nicht aus dem schönsten Spiel wegrufen.
Ich wollte Dich noch fragen, ob es Dir was ausmacht, wenn ich nicht mit
Tinte schreibe. So kann ich nämlich schneller schreiben. Gibst mir Bescheid,
nicht wahr? Nun laß mich schließen. Bleib mir recht gesund, Du lieber Schatz
und behalte uns lieb. Viele herzliche Grüße und innige Küsse schickt Dir Deine
Annie.
Mein lieber Ernst!
Deine Zeilen habe ich erhalten vorige Woche und danke
bestens dafür. Wie Du anfragtest wegen einer Sache ist von Fr. immer noch keine
Antwort da, ich hatte schon die Absicht anzufragen. Wie geht es Dir? Hoffentlich bist Du gesund und wünsche Dir
alles Gute. Herzliche Grüße sendet Dir Dein Vater.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen