Freitag, 19. Mai 2017

Brief 329 vom 19.5.1942


Mein liebster Ernst!                                                   Konstanz, 19.5.42

Ich schreibe heute am Abend. Wir hatten uns doch gestern vorgenommen, am Nachmittag in den Wald zu gehen. Am Vormittag regnete es nun. Da habe ich mir Rhabarber rüber geholt und habe 5 Flaschen voll eingemacht. Gegen Mittag heiterte es sich doch noch auf, da sind wir dann doch fortgegangen. Wir sind unseren bekannten Weg gelaufen, beim Tabor vorbei, dann durch den Wald über den Buckel, bei den Bierhöhlen vorbei und den Weg entlang, wo wir öfter Hauspäne gefunden haben. Dort beim Exerzierplatz haben wir den großen und die zwei Kinderrucksäcke voll Zapfen gesucht. Etwas Goldnessel haben wir auch gefunden. Unterwegs hatten wir verschiedene Erlebnisse. Erst sahen wir eine Blindschleiche, dann ganz nah ein Reh, dann schlängelte sich eine Ringelnatter über den Weg und zuletzt saß ein Häschen am Weg. Außer Zapfen und Tee haben wir auch noch Maiglöckchen und Waldmeister gefunden. Das erstere hat Helga besonders gefreut, denn selber hatte sie noch keine Maiglöckchen gepflückt. Gegen 6 Uhr waren wir wieder daheim. Da war am Nachmittag ein Paket von Kurt mit verschiedenen Büchern, Briefen und sonstigen kleinen Sachen angekommen. Ich hebe ihm wieder alles auf. Die Bücher lese ich aber erst einmal.
Tee haben wir dieses Jahr schon so viel gesucht, dass fast alle Dosen bereits gefüllt sind. Zu sehr brauchen wir also damit nicht sparen.
Mein lieber Ernst, ich schließe meinen Brief heute schon, ich bin nämlich etwas müd´. Sei recht herzlich gegrüßt und geküsst und behalte lieb Deine Annie.

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