Sonntag, 7. Mai 2017

Brief 318 vom 2./4.5.1942


2.5.

Heute habe ich einen Brief an Dich unter der Feldpostnummer 12960 geschickt. Diese Nummer hattest du als deine evtl. Adresse angegeben. Es kann ja nicht weiter werden, als dass der Brief zurück kommt.

Mein liebster Ernst!                                                                                    Konstanz, 2.5.42

Nachricht habe ich ja noch keine von Dir bekommen. Ich schreibe diesen kurzen Gruß auf gut Glück an die Nummer, die du mir als deine nächste Feldpostnummer angegeben hattest. Ich werde ja sehen, ob Dich der Brief erreicht.
Gesund sind wir alle. Hoffentlich ist das bei dir auch der Fall. Wir warten sehr auf den ersten Brief von dir. Ich habe jeden Tag an dich geschrieben, aber die Briefe lege ich heute nicht bei., da ich ja nicht weiß, ob sie dich da erreichen würden.
Papa schrieb mir am 27., dass er am nächsten Tag den Koffer mit den Sachen von dir fertig machen und per Express wegschicken würde. Er muss in den nächsten Tagen eintreffen.
Von den 11 Päckchen ist noch keins eingegangen. Ich habe deshalb an Herrn Wittenburg geschrieben, ob er mal nachsehen könnte, ob sie dort noch irgendwo liegen. Er hat doch auch Feldpostnummer 38293? Den genauen Text des Briefes habe ich dir in meinen anderen Schreiben mitgeteilt, die ich später wegschicke.
Hat dir Papa gesagt, dass Erhard Tillner am 22.12.41 gefallen ist? Nachdem Papa es geschrieben hatte, teilte es mir Elsa auch mit. Die Eltern sind ganz verzweifelt.
Ich war erstaunt, als ich von dir hörte, dass du zwei Tage in Leipzig gewesen bist. Nachdem du hinterher noch so lange auf der Bahn sein musstest, war der Aufenthalt für dich sicher ganz gut. Mit Papa hast du dich auch ausgesprochen. In meinem anderen Brief habe ich dir ausführlich geantwortet. Ich kann dir nur sagen, ich bin über meinen Vater sehr enttäuscht. Ich habe ja schon manches mit ihm durchgefochten, aber das entfremdet ihn mir noch ganz.
Im Garten habe ich alle Arbeit soweit getan. Auch die Kartoffeln sind in der Erde. Stachel- und Johannisbeeren haben gut geblüht, bzw. blühen noch. Hoffentlich hat es ihnen nichts geschadet, dass die letzten Tage so kalt waren und es heute Nacht sogar etwas geschneit hat.
Nun grüße und küsse ich dich für heute herzlich und hoffe, dass du gesund bist und es dir nicht gar so schlecht geht. Nochmals viele Küsse von Deiner Annie.

4.5.

Gestern waren wir auf der Messe. Eigentlich wollte ich gar nicht gehen, da es so trüb war und auch manchmal leicht regnete. Aber wir haben ja die Regenmäntel. Es war dann noch ganz nett. Die Kinder sind einige Male Karussell gefahren, wir haben 2 Mal Eis gegessen und haben uns die Buden angesehen. Ich habe auch einige Sachen für die Kinder gekauft. Schon im Winter wollte ich für Jörg lange Unterhosen, also mit Ärmeln, kaufen, konnte aber keine bekommen. Auf der Messe gab es nun welche. Ich habe drei Stück mitgenommen. Punktnot habe ich ja nicht, denn ich bin noch bei der zweiten Karte, wo die 3. schon bald abläuft. Aber bisher konnte ich fast immer alte Sachen verarbeiten, sodass ich für die Kinder noch nicht viel kaufen musste. 2 Kreisel und 2 Peitschen habe ich ihnen auch gekauft, denn zum spielen möchten sie doch auch was von der Messe. Am Abend bin ich schon vor 9 Uhr schlafen gegangen, denn an manchen Abenden fühlt man die Einsamkeit ganz besonders, wenn man so alleine am Tisch sitzt. Gestern und heute Nacht konnte ich wenigstens von dir träumen. Das sind die schönsten Stunden.

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