Dienstag, 20. Dezember 2016

Brief 259 vom 23.12.1941


Mein lieber Mann!                                                                   Konstanz, 23.12.41                     

Viele liebe Grüße habe ich heute von Dir erhalten. Deinen Weihnachtsbrief, den Brief vom 19.12. und das Päckchen 41. Über alles habe ich mich sehr gefreut. Beim lesen Deines Weihnachtsbriefes habe ich die vergangenen Weihnachtsfeste direkt noch einmal erlebt. Es ist, wie Du schreibst, mit jedem Weihnachtsfest hatte sich unsere wirtschaftliche Lage etwas verbessert. Es erfüllt mich aber immer wieder mit Freude, daß wir auch in der schlechtesten Zeit nicht unzufrieden waren und uns mit Klagen das Leben schwer gemacht haben.
Eine wirkliche Überraschung hast Du mir bereitet, indem Du mir mitteilst, daß Du zum K.V.Assistenten ernannt worden bist. Das freut mich aber. Nun hatte doch Deine Mühe im Frühjahr auch dort einen Zweck. Fein ist das.
Du mußt keine Angst haben, daß ich den Kindern ihre Weihnachtsfreude verderbe. Ich weiß, daß es mir hart ist, ohne Dich das Fest zu verleben, aber das mache ich mit mir allein aus. Die Kinder sollen unbeschwert fröhlich sein können. Sie freuen sich ja schon so lange darauf. Ich habe schon alles soweit vorbereite. Auch den Weihnachtsbaum habe ich heute am Vormittag schon geputzt. Der Kuchen für Vater, ein Gewürzkuchen, ist auch schon gebacken, eingekauft habe ich auch. Da gibt es morgen gar keine Hetzerei und wir können vorher noch ein bißchen zusammen singen, spielen und von Weihnachten erzählen.
Meine Gedanken richten sich auch schon wieder auf Deinen Urlaub, der ja, wenn alles glatt geht, nicht mehr in allzu weiter Ferne liegt.
Da muß ich Dich gerade noch etwas fragen. Ich habe hier noch eine Kleinigkeit für Dich zu Weihnachten gekauft und wollte es Dir gleich nach den Feiertagen zuschicken. Nun ist aber die Feldpostsperre bis 4.1. verlängert worden. Soll ich es Dir nun nachher noch zuschicken, oder soll ich bis zum Urlaub warten? Und soll ich die verschiedenen Kartonstücken noch hinschicken?
Du hast ja wieder verschiedene Päckchen auf den Weg gebracht. Sag mal, behältst Du denn auch genügend Mandarinen für Dich dort? Du sollst doch nicht nur uns damit versorgen. Das Puddingpulver hast Du auch nicht vergessen. Ich muß schon sagen, Du machst Dir viel Mühe wegen uns und siehst zu, daß Du etwas für uns bekommst. Ich möchte Dir immer wieder dafür danken.
Die Puppen für Helga sind ja nun vorhin mit dem Päckchen auch noch rechtzeitig angekommen. Das freut mich und doch Dich auch. Sie gefallen mir gut und Helga wird eine große Freude damit haben. Das Buch „Sperrfeuer um Deutschland“ werde ich in nächster Zeit auch mit lesen.
Die Bücher von Papa habe ich nun doch nicht vorher ansehen brauchen. Ich habe sie mit geschlossenen Augen ausgepackt, habe die erste leere Seite aufgeschlagen, auf der die Widmung steht. Danach sind die 4 großen Bücher für uns Beide, bzw. für mich bestimmt. Nachdem ich das wußte, habe ich sie mit der Rückseite nach vorn auf meinen Weihnachtstisch gestellt und kann mich nun morgen noch überraschen lassen. Die Kinder wollen mich ja auch noch beschenken. Da werde ich nachher zu staunen haben.
Ich stelle mich vielleicht dumm an, aber ich weiß nicht genau, was ich Dir für Unterlagen von der Ahnenforschung schicken soll. Mehrere Schreiben? Vielleicht kannst Du mir an Hand des Ahnenpasses, den Du ja noch dort hast, schreiben, was Du brauchst. Etwas Größeres könnte ich jetzt nicht schicken, da die Briefe nur 50 g wiegen dürfen.
Der Schinken ist noch nicht schlecht. Ich habe ihn immer am offenen Fenster liegen. Jetzt, über Weihnachten, werden wir auch wieder davon essen. Zu teuer hast Du ihn damals bestimmt nicht bezahlt.
Ich gehe nachher noch mit den Kindern in die Stadt. Erst wollen wir die Photos abholen, die ich von den Kindern gemacht habe. Wenn sie etwas geworden sind, schicke ich sie Dir mit. Hinterher bringen wir den Brief noch auf die Post in der Stadt da Jörg so gern einmal den brennenden Baum auf der Marktstätte sehen möchte. Diesen Wunsch kann man ihm ja gern erfüllen. Aber ehe wir gehen, muß ich ihm erst noch seine Trainingshose stopfen, in die er vorhin gerade einen schönen Dreiangel gerissen hat. O, diese Buben, das sind doch Kerle. Diese Löcher kommen ja immer ganz von selbst, sie haben gaaaarnichts gemacht. Die Mädels sind da doch braver, meinst Du nicht auch?
Doch nun laß mich schließen. Sei recht, recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Anni.

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