Mein
liebster Ernst! 8.12.41
Heute
Vormittag erhielt ich Deine beiden lieben Briefe vom 4. und 5. und das Päckchen
mit Kunsthonig, Nr. 30. Aus Deinen Briefen habe ich mit Freude ersehen, daß Du
mir nicht böse bist, weil ich ein paar Tage nicht geschrieben habe und daß Du
den Grund auch gleich gewußt hast. Darüber bin ich sehr froh. Über den Honig
freue ich mich sehr. Den kann ich sehr gut brauchen. Da kann ich für
Weihnachten noch etwas Kleingebäck backen. Du bist doch ein ganz lieber Kerl,
daß Du mir auch das geschickt hast. (Daß ich vor 2 Tagen das Päckchen 31
erhalten habe, schrieb ich Dir doch schon?) Jetzt warte ich nun auf die
nächsten Päckchen und hoffe, daß sie gut ankommen. Daß Jörg die Fasanenfedern
nicht brauchen könnte, brauchst Du nicht befürchten. Jörg kann alles brauchen.
Das hat sich von früher her nicht geändert.
Nebliges
Wetter haben wir in letzter Zeit nicht gehabt. Es war soweit ganz ordentlich.
Gestern regnete es ja noch gegen Abend und heute Morgen war Glatteis. Jetzt ist
es schon ziemlich abgetrocknet.. Das erste Weihnachtspäckchen hast Du also
schon erhalten. Ich hoffe, daß die von uns auch rechtzeitig eintreffen. Aber es
sind ja noch 2 1/2 Wochen bis dahin.
Jetzt
möchten sie Dir also auch Vorschriften wegen dem Brief schreiben machen. Aber
eigentlich haben sie doch dazu kein Recht. Wir sind doch nicht die Einzigen,
die sich täglich schreiben und es besteht darüber keine Vorschrift. Ich bin
immer so froh darüber, wenn ich einen Brief von Dir bekomme. - Du stellst mich
ja schon hin, wenn Du schreibst, ich soll die gesandten Bilder aufheben, auch
wenn sie mir nicht gefallen. Habe ich denn schon mal welche weggeschmissen? O,
am liebsten möchte ich Dich zur Strafe richtig an den Haaren raufen. Aber ich
hole es nach, wenn Du wieder auf Urlaub kommst. Im Übrigen sind die Bilder doch
nicht so schlecht. D.h. auf dem einen habe ich Dich fast nicht erkannt. Dafür
ist aber das andere, wo Du lachst, desto schöner. Ich werde die Bilder also mit
zu den anderen legen.
Jörg
legt Dir heute einen Zettel bei, auf dem er Dir aufgeschrieben hat, welche
Buchstaben er schon kann. Den Satz darunter habe ich ihm buchstabieren müssen,
wie es geschrieben wird, weil er es doch richtig schreiben wollte. Vorschreiben
brauche ich es ja jetzt nicht mehr.
Von
Elsa bekam ich heute auch einen Brief. Sie schreibt, daß Gerhard am Tage vorher
nach 14 tätigem Urlaub wieder fortgefahren sei. Es sei furchtbar, wieder allein
zu sein und sie habe schon den ganzen Tag geheult. Da sei es hinterher ein
bißchen leichter. Elsa empfindet es jetzt zum ersten Mal richtig. Sonst konnte
sie Gerhard immer mal besuchen und als er dann nach Frankreich kam, empfand sie
es erst gar nicht so schwer, weil sie immer gewöhnt war, ihn bald wieder
zusehen. Diesmal ist es nun anders. Zu Weihnachten kommt er ja nun auch nicht
nach hause.
Am
Mittwoch wird Jörg zum 2. Mal gegen Diphterie geimpft. Bei Helga ist noch
nichts gesagt worden, aber sie wird wohl auch in den nächsten Tagen dran
kommen.
Nun
hat ja Japan auch Krieg mit England und noch dazu mit Amerika. Dabei geht der
Krieg gegen China schon 4 Jahre. Ich bin ja gespannt, wie das alles weiter
geht. Mit einem baldigen Ende des Krieges kann man ja nicht rechnen. Laß mich nun für heute schließen. Sei recht
herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Anni.
Mein
liebster Ernst! Konstanz, 9.12.41
Einen
Brief habe ich heute Vormittag nicht bekommen. Ob am Nachmittag einer kommt,
weiß ich noch nicht, denn es ist erst 1/2 3 Uhr. Ich habe ja aber gestern 2
bekommen, da kann ich nun heute nicht bestimmt darauf rechnen.
Von
heute ist gar nicht viel zu berichten. Ich bin heute nur einkaufen gefahren und
am Mittag haben wir rohe Klöße gegessen. Viel anderes war nicht los. Heute,
nach dem Briefschreiben, will ich noch nähen. Ich will für Helga ein paar
Schürzen machen, denn sie hat nur noch 2 ganz gute und die sind für alle Tage
nichts. Außerdem will ich für ihre Puppen ein paar Sachen nähen. Sie hat mich
schon so oft darum gebeten und ich will ihr nun endlich einmal diesen Wunsch
erfüllen. Verschiedene Reste habe ich ja dafür da.
Jetzt
habe ich nun doch noch einen Brief bekommen. Und zwar, nachdem ich gestern die
vom 4. und 5. bekam, den vom 3.12. Da hast Du ja das Adventspäckchen bekommen,
wenn auch nicht rechtzeitig. Die Hauptsache ist, es hat Dich noch gefreut. Fertige
Kartons werde ich also nicht mehr schicken. Wenn du aber sonst etwas brauchst,
was ich besorgen kann, so schreibst Du mir.
Scheinbar
verstehst Du Dich mit dem Inspektor jetzt etwas besser als am Anfang. Ich
glaube, Dir ist es nur recht, wenn Du mit den Leuten auskommen kannst. Wie ich
Dir schon schrieb, haben sich die Kinder über den Nikolausbrief sehr gefreut.
Es war schon richtig, daß Du ihn geschrieben hast. Ich habe Dir ja schon
geschrieben, was sie zum Nikolaus bekommen haben.
Mit
den Tabakwaren werde ich es so machen, wie Du es geschrieben hast. So hat dann
jeder was.
Sollte
der Film „Dorf im roten Sturm“ später noch Mal hier gespielt werden, so sehe
ich ihn mir an, wenn er so gut ist. Von nächster Woche ab wird es
wahrscheinlich Christbäume geben. Ich werde zusehen, daß ich einen richtigen erwische.
Das wird ja wieder einen Sturm geben. Wenn es gibt, möchte ich nur einen
kleineren, damit nicht die ganze Stube verbaut ist.
Nimm
heute mit dem kleinen Brief vorlieb und laß mich schließen. Sei recht herzlich
gegrüßt und geküßt von Deiner Anni.
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