Sonntag, 11. Dezember 2016

Brief 250 vom 8./9.12.1941

Mein liebster Ernst!                                                                                       8.12.41                                                                     

Heute Vormittag erhielt ich Deine beiden lieben Briefe vom 4. und 5. und das Päckchen mit Kunsthonig, Nr. 30. Aus Deinen Briefen habe ich mit Freude ersehen, daß Du mir nicht böse bist, weil ich ein paar Tage nicht geschrieben habe und daß Du den Grund auch gleich gewußt hast. Darüber bin ich sehr froh. Über den Honig freue ich mich sehr. Den kann ich sehr gut brauchen. Da kann ich für Weihnachten noch etwas Kleingebäck backen. Du bist doch ein ganz lieber Kerl, daß Du mir auch das geschickt hast. (Daß ich vor 2 Tagen das Päckchen 31 erhalten habe, schrieb ich Dir doch schon?) Jetzt warte ich nun auf die nächsten Päckchen und hoffe, daß sie gut ankommen. Daß Jörg die Fasanenfedern nicht brauchen könnte, brauchst Du nicht befürchten. Jörg kann alles brauchen. Das hat sich von früher her nicht geändert.
Nebliges Wetter haben wir in letzter Zeit nicht gehabt. Es war soweit ganz ordentlich. Gestern regnete es ja noch gegen Abend und heute Morgen war Glatteis. Jetzt ist es schon ziemlich abgetrocknet.. Das erste Weihnachtspäckchen hast Du also schon erhalten. Ich hoffe, daß die von uns auch rechtzeitig eintreffen. Aber es sind ja noch 2 1/2 Wochen bis dahin.
Jetzt möchten sie Dir also auch Vorschriften wegen dem Brief schreiben machen. Aber eigentlich haben sie doch dazu kein Recht. Wir sind doch nicht die Einzigen, die sich täglich schreiben und es besteht darüber keine Vorschrift. Ich bin immer so froh darüber, wenn ich einen Brief von Dir bekomme. - Du stellst mich ja schon hin, wenn Du schreibst, ich soll die gesandten Bilder aufheben, auch wenn sie mir nicht gefallen. Habe ich denn schon mal welche weggeschmissen? O, am liebsten möchte ich Dich zur Strafe richtig an den Haaren raufen. Aber ich hole es nach, wenn Du wieder auf Urlaub kommst. Im Übrigen sind die Bilder doch nicht so schlecht. D.h. auf dem einen habe ich Dich fast nicht erkannt. Dafür ist aber das andere, wo Du lachst, desto schöner. Ich werde die Bilder also mit zu den anderen legen.
Jörg legt Dir heute einen Zettel bei, auf dem er Dir aufgeschrieben hat, welche Buchstaben er schon kann. Den Satz darunter habe ich ihm buchstabieren müssen, wie es geschrieben wird, weil er es doch richtig schreiben wollte. Vorschreiben brauche ich es ja jetzt nicht mehr.
Von Elsa bekam ich heute auch einen Brief. Sie schreibt, daß Gerhard am Tage vorher nach 14 tätigem Urlaub wieder fortgefahren sei. Es sei furchtbar, wieder allein zu sein und sie habe schon den ganzen Tag geheult. Da sei es hinterher ein bißchen leichter. Elsa empfindet es jetzt zum ersten Mal richtig. Sonst konnte sie Gerhard immer mal besuchen und als er dann nach Frankreich kam, empfand sie es erst gar nicht so schwer, weil sie immer gewöhnt war, ihn bald wieder zusehen. Diesmal ist es nun anders. Zu Weihnachten kommt er ja nun auch nicht nach hause.
Am Mittwoch wird Jörg zum 2. Mal gegen Diphterie geimpft. Bei Helga ist noch nichts gesagt worden, aber sie wird wohl auch in den nächsten Tagen dran kommen.
Nun hat ja Japan auch Krieg mit England und noch dazu mit Amerika. Dabei geht der Krieg gegen China schon 4 Jahre. Ich bin ja gespannt, wie das alles weiter geht. Mit einem baldigen Ende des Krieges kann man ja nicht rechnen.  Laß mich nun für heute schließen. Sei recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Anni.

Mein liebster Ernst!                                                                  Konstanz, 9.12.41

Einen Brief habe ich heute Vormittag nicht bekommen. Ob am Nachmittag einer kommt, weiß ich noch nicht, denn es ist erst 1/2 3 Uhr. Ich habe ja aber gestern 2 bekommen, da kann ich nun heute nicht bestimmt darauf rechnen.
Von heute ist gar nicht viel zu berichten. Ich bin heute nur einkaufen gefahren und am Mittag haben wir rohe Klöße gegessen. Viel anderes war nicht los. Heute, nach dem Briefschreiben, will ich noch nähen. Ich will für Helga ein paar Schürzen machen, denn sie hat nur noch 2 ganz gute und die sind für alle Tage nichts. Außerdem will ich für ihre Puppen ein paar Sachen nähen. Sie hat mich schon so oft darum gebeten und ich will ihr nun endlich einmal diesen Wunsch erfüllen. Verschiedene Reste habe ich ja dafür da.
Jetzt habe ich nun doch noch einen Brief bekommen. Und zwar, nachdem ich gestern die vom 4. und 5. bekam, den vom 3.12. Da hast Du ja das Adventspäckchen bekommen, wenn auch nicht rechtzeitig. Die Hauptsache ist, es hat Dich noch gefreut. Fertige Kartons werde ich also nicht mehr schicken. Wenn du aber sonst etwas brauchst, was ich besorgen kann, so schreibst Du mir.
Scheinbar verstehst Du Dich mit dem Inspektor jetzt etwas besser als am Anfang. Ich glaube, Dir ist es nur recht, wenn Du mit den Leuten auskommen kannst. Wie ich Dir schon schrieb, haben sich die Kinder über den Nikolausbrief sehr gefreut. Es war schon richtig, daß Du ihn geschrieben hast. Ich habe Dir ja schon geschrieben, was sie zum Nikolaus bekommen haben.
Mit den Tabakwaren werde ich es so machen, wie Du es geschrieben hast. So hat dann jeder was.
Sollte der Film „Dorf im roten Sturm“ später noch Mal hier gespielt werden, so sehe ich ihn mir an, wenn er so gut ist. Von nächster Woche ab wird es wahrscheinlich Christbäume geben. Ich werde zusehen, daß ich einen richtigen erwische. Das wird ja wieder einen Sturm geben. Wenn es gibt, möchte ich nur einen kleineren, damit nicht die ganze Stube verbaut ist.
Nimm heute mit dem kleinen Brief vorlieb und laß mich schließen. Sei recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Anni.

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