Mein
liebster Ernst! Konstanz, den
3.12.41
Ich
schreibe heute nochmals mit der Schreibmaschine, da ich vorhin gerade einen
Teil meiner Post erledigt habe. Ich schicke Dir davon die Durchschläge.
Vorhin
bekam ich gerade Deinen lieben Brief vom 28./29.11. Ich danke Dir sehr dafür, da
hast Du wieder ziemlich viel geschrieben, wofür ich Dir gar nicht böse bin. Ich
will ihn nun nach und nach beantworten.
Es
ist ja nun leider nicht zu ändern, daß Du nicht kommen kannst. Ich hatte mir
zwar vorgenommen, mich vorher nicht zu freuen, aber wenn dann die Absage kommt,
merkt man doch erst, daß man sich doch gefreut hat. Aber Du kannst zu nichts
dafür, daß Du jetzt nicht herkommen kannst. So wollen wir uns eben auf den
nächsten Urlaub freuen. Wie Du schreibst, kommst Du also nicht zu Weihnachten,
sondern erst nach dem Fest. Da ist es ja richtig, daß ich Dir die
Weihnachtspäckchen zuschicke. Ich habe sie heute Morgen fertig gepackt und
schaffe sie nachher noch fort. Es sind 3 Stück. Das klingt viel, es ist aber
nicht viel drin, denn 2 Pfund sind so schnell gepackt. Du hattest aber keinen
Wunsch geäußert und so konnte ich Dir also auch keinen erfüllen. Einen ganz
kleinen Wunsch, den Du früher einmal geäußert hast, habe ich mir gemerkt und
ihn nun erfüllt. Aber dafür hätte ich kein Paket gebraucht, es ist sehr winzig.
Du schreibst ja nun, daß wir uns als gemeinsames Weihnachtsgeschenk einen
Radioapparat kaufen wollen. Ich bin sehr gern damit einverstanden. Ich bin ja
sonst mit allem versorgt und habe keinen Wunsch.
Wenn
Du nun nicht zum Fest kommen kannst, so wird für uns ja erst richtig
Weihnachten sein, wenn Du da bist. Natürlich feiern wir nachher noch Mal zusammen.
Das
Spielzeug für Jörg ist nicht billig, aber wenn es gut ist, macht es ja nichts
aus.
Du
schreibst nun wegen dem braunen Mantelstoff für Nanni oder Erna. Du schreibst „
.... oder soll ich ihn Erna ... schicken“. Das Wort, das dazwischen gehört,
kann ich nicht lesen. Schreibe mir´s doch bitte noch Mal. Ich überlasse es Dir,
ob Du ihn für Nanni oder Erna nehmen willst. Vielleicht braucht Erna aber eher
etwas Neues als Nanni, die ja schon älter ist und doch nicht viel fort kommt.
Nun muß ich Dir aber leider schreiben, daß ich das Stoffmuster nicht mehr habe.
Ich dachte ja nicht, daß ich es nochmals brauchen könnte.
Vater
und Kurt kommen ja nicht so gut miteinander aus. Vater möchte eben gern einmal
mit ihm reden und Kurt kann das wieder nicht vertragen. Er nimmt sich nicht die
Mühe, ihm zuzuhören. Derweilen sorgt sich Vater doch so um ihn, wie vielleicht
Paula nicht. Aber mir kommt es manchmal vor, als könnte sich Kurt bei Paula
nicht wehren. Paula bestimmt eben einfach, während Vater bittet und dabei zieht
er den Kürzeren. Es war doch schon früher so. Aber wir können es nicht ändern,
Kurt muß selber wissen, was er macht. Alt genug ist er ja jetzt.
Es
war mir ja eine gewisse Beruhigung, daß auch die Lehrerin gesagt hat, daß das
Schreiben bei allen noch nicht so gut geht, nachdem sie die lateinischen
Buchstaben gelernt haben. Ich hatte ja mit Absicht die Rede darauf gebracht, um
überhaupt einmal zu hören, wie Helga in der Schule aufpaßt.
Umgezogen
seid Ihr also auch. Es freut mich, daß Du jetzt einen schönen Arbeitsplatz
hast. Da schafft man ja noch einmal so gern. Jetzt wird also nun richtig festgelegt,
welche Arbeit jeder zu tun hat. Das wird Dir ja recht sein, wenn Du eine
Aufgabe vor Dir hast, die Dir allein untersteht.
Heute
kamen die Päckchen 27, 28, 29 an. Die Filzschuhe für die Kinder habe ich für
Weihnachten weggelegt. Die Orangen hebe ich bis Samstag auf. Da ist doch
Nikolaus. Da habe ich gleich was zum Füllen der Schuhe. Wenn auch dieses Jahr
nicht der leibliche Nikolaus kommt. 5 Orangen sind gut angekommen. Eine ist
etwas angefault, die esse ich. Das macht doch nichts?
Für
das Öl, welches Du mir mitbringen willst, danke ich Dir. Das kann ich schon
gebrauchen. Von dem letztjährigen habe ich noch 1/2 Flasche. Es hat mir schon
manchmal geholfen.
Ich
hatte meinem Vater doch versprochen, daß ich noch etwas zum Stein zu Mamas Grab
geben wollte. Ich hatte mir erst vorgenommen, im Ganzen 20 Mk zu schicken und
zwar zu Weihnachten. Das ist mir nun aber nicht möglich. Meinst Du, ich sollte
vielleicht 10 Mk schicken? Gestern habe ich nämlich 20 Mk bei Vater bezahlt, so
daß er nun noch 30 Mk bekommt. Dann sind wir unsere Schulden bei ihm los. Diese
bezahle ich ihm nächsten Monat.
Ich
mache mich nun fertig, daß ich noch zur rechten Zeit die Päckchen fortbringe.
Übrigens
habe ich versucht, die Kuchenplatte für Erna zu erhalten. Es ist aber z.Zt.
unmöglich, etwas Derartiges zu bekommen. Sie muß sich also bis später gedulden.
Sei
nun für heute wieder recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Anni.
Mein
liebster Ernst! Konstanz, 4.12.41
Heute
kam Dein lieber Brief vom 30.11. Du schreibst darin, daß Du meinen Brief vom
26. erhalten hast. Nachdem wirst Du ja mehrere Tage vergeblich auf Post von mir
gewartet haben. Was wirst du wohl gesagt haben, daß ich Dir 4 Tage nicht
geschrieben habe? Als Dein Brief damals kam, daß Du wahrscheinlich herkommen würdest,
war ich gerade beim Schreiben an Dich. Ich habe den Brief gleich hingelegt und
gesagt, daß ich nun nicht mehr schreiben brauche, da Du wahrscheinlich schon
unterwegs bist. So dachte ich auch die nächsten Tage, bis ich doch allmählich
unruhig wurde und einen Tag vor Deiner Absage wieder geschrieben habe. Na, ich
ändere es doch nicht mehr, wenn ich mir auch immer wieder Vorwürfe mache, daß
ich nicht geschrieben habe.
Ich
habe in den letzten Tagen Herrn Kuster getroffen und sagte ihm, daß ich einmal
wegen Briefmarken hinkommen würde. Er sagte mir aber, daß er keine bestellt,
sondern, daß er sich die Marken mit dem Sonderstempel wieder auf der Messe
besorgt hat. Ich habe es nun auch getan, weil ich sonst nicht weiß, wo ich sie
holen soll. Auf der Post werden die Marken meist nicht ausgegeben. Ich habe sie
immer doppelt für Dich und Kurt besorgt und habe dafür 11,50 ausgegeben.
Winterhilfsmarken gibt es dieses Jahr scheinbar noch nicht. Soll ich sie später
wieder so kaufen oder was soll ich machen? Die Sonderstempel verteuern die
Marken ja ziemlich. Legst Du Wert darauf? Aber das können wir ja vielleicht im
nächsten Urlaub besprechen.
Ich
habe gestern Abend noch an Tante Agnes, Erna und Siegfried geschrieben. Heute
schicke ich die Briefe mit fort. Ich schrieb an Tante Agnes gerade von Schnee
und heute Nacht hat es schon geschneit. Ich habe mit Jörg heute früh Helga in
die Schule gebracht. Dann bin ich in der Stadt nach Briefumschlägen
herumgelaufen. Ich dachte immer, ich hätte noch ein Päckchen im Schrank und
mußte feststellen, daß ich mich getäuscht hatte. Nach abklopfen aller Geschäfte
habe ich nun noch 20 Stück bekommen, 2 X je 10 Stück. Alle anderen Geschäfte
waren restlos ausverkauft. Wenn es dir möglich ist, so besorge mir doch bitte
wieder ein paar. Aber nicht extra viel herumrennen, wenn Du sie nicht so
bekommst.
Wir
haben Helga doch mit dem Schlitten in die Schule gebracht. Als wir heimwärts
fuhren, hatte es schon wieder viel getaut. Da war es mit dem Schlittenfahren
schon aus. Aber ein wenig haben sie das Vergnügen nun doch gehabt.
Ich
lege Dir heute die Durchschläge meiner Briefe, den letzten Brief von Siegfried
und 2 Todesanzeigen bei. Ich weiß nicht, ob Du die Leute gekannt hast.
Sei
nun für heute wieder recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.
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