Mein
lieber Ernst! Konstanz, den
18.12.41
Post
habe ich heute keine von Dir bekommen. Nur eine Karte von Papa, daß ein drittes
Paket unterwegs ist mit Zeitungen, einem Muff und einem Tuch von Mama. Da habe
ich also über die Feiertage etwas zu lesen, damit es mir nicht langweilig wird.
Heute
Morgen habe ich für die Kinder noch je 1 Paar Socken gekauft, damit sie sie
jetzt über die Strümpfe anziehen können und später, wenn sie wieder gewachsen
sind, so an bloßen Füßen.
Jetzt
sind alle Weihnachtsvorbereitungen soweit getroffen. Ich wollte ja eigentlich
noch verschiedenes nähen, aber ich kann einfach nicht mehr. Ich bin so kaputt,
daß ich am liebsten überhaupt nichts mehr tun möchte. So habe ich jetzt die
Maschine weggestellt und mache nur noch die Sachen mit der Hand fertig, die ich
soweit vorbereitet habe. Es sind dies 1 gestreiftes Kleid für die zweitgrößte
Puppe, 1 Dirndlkleid mit 2 Blusen (die ich noch umhäkeln muß) für die größte, 1
Strampelhöschen und Mütze für die Babypuppe. Da habe ich auch so noch genug zu
tun. Helga muß eben mit dem zufrieden sein.
Ich
habe heute an Papa noch einen Brief geschrieben, von dem ich Dir den
Durchschlag mitschicke. Außer einer Karte, wenn ich das 3. Paket erhalte, werde
ich wohl vor Weihnachten nichts mehr schreiben. An Nanni will ich noch eine
Weihnachtskarte schicken, damit sie nicht ganz beleidigt ist. Ich weiß einfach
nicht, was ich ihr in einem Brief schreiben sollte. Das Briefschreiben machst
Du ja. Sonst glaube ich, daß ich mit den Schreiben alles erledigt habe, damit
keiner sich zurückgesetzt fühlt.
Laß
mich nun für heute schließe. Ich kann heute gar keinen richtigen Gedanken mehr
zusammenbringen.
Sei
recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Anni.
Mein
liebster Ernst! Konstanz, 19.12.41
Heute
habe ich wieder keinen Brief von Dir bekommen. Von Papa kam einer, von dem Du
sicher den Durchschlag bekommen hast, denn am gleichen Tag hat er an Dich
geschrieben und ich erhielt den Durchschlag davon. Gleichzeitig kam ein
Päckchen mit allen 10 Abzeichen, bzw. Kreiseln, die am kommenden Sonntag
verkauft werden. Wir alle drei haben schon unsere Freude daran gehabt, denn sie
tanzen richtig, und da es jeweils ein Pärchen mit verschiedenen Trachten ist,
kann man sie zusammen tanzen lassen. Du hättest nur hören sollen, wie die
Kinder heute schon darüber gelacht haben. Ich schrieb Dir ja vorgestern, daß
sich die Kinder 25 Pfennig von dem fortgeschafften Papier gespart haben. Nun
haben sie dazu wieder ihre Sparbüchse mit noch 30 Pfennig geplündert und sind heute
Nachmittag in die Stadt gewandert, um mir noch etwas für Weihnachten zu kaufen.
Sie wollen mich unbedingt beschenken. Helga wollte eigentlich Jörg um 3 Uhr von
der Schule abholen, aber er kam schon 1/2 3 Uhr wieder. Es ist ihnen nur ihr
künftiges Klassenzimmer in der richtigen Schule gezeigt worden, dann durften
sie wieder nach hause gehen. Die Schule fängt am 6.1. wieder an. In der Schule
ist jetzt große Räumerei, da können sie die Kinder die 2 Tage nicht noch
brauchen. Böse sind sie ja deswegen nicht. Jörg ist ganz begeistert von dem
neuen Zimmer und jetzt ist es schon 1 Treppe hoch, das ist doch was ganz
besonderes.
Wie
ich heute in der Zeitung gelesen habe, ist bei Uhink ein kleiner Werner
angekommen.
Ich
hatte mir ja gestern vorgenommen, nichts mehr vor Weihnachten zu nähen. Nun
mußte ich diesem Vorsatz doch untreu werden. Ich ließ gestern Helga ihr gutes
grünes Kleid anziehen, um zu sehen, ob alles für den Sonntag klappt. Da war es
ihr doch vollkommen zu klein geworden. Sie hatte es längere Zeit nicht mehr angehabt.
Was nun? Der Faltenrock, den sie sonst angezogen hätte, war ihr ja auch viel zu
kurz geworden und ich habe ihn zum Mantel mit verarbeitet. Da habe ich mich an
Deine blaue Hose, in die doch die Motten gekommen waren, erinnert. Ich hatte
sie ja im Koffer verpackt liegen. Die habe ich vorgeholt und Helga ein sehr
schönes Röckchen draus gemacht. Es hat gerade gereicht, damit die Mottenlöcher
nicht stören. Viel größer hätte sie aber nicht sein dürfen. Das Röckchen reicht
bis zu den Knien, so daß sie es auch noch nächstes Jahr tragen kann. Helga ist
eben schon ziemlich groß, sie braucht bei Kleidern schon 90 cm Länge.
Mein
lieber Ernst, ich weiß nicht, wie lange die Briefe jetzt kurz von Weihnachten
unterwegs sind. Ich möchte Dir schon heute viele herzliche Weihnachtsgrüße
senden. Verlebe die Feiertage gesund und denke recht oft an uns. Ich denke, daß
wir am Heiligen Abend so zwischen ½ 6 und 6 Uhr bescheren werden. O Ernst, wie
wirst Du uns fehlen. Ich kann es mir gar nicht vorstellen, daß es ein
Weihnachten ohne Dich geben kann.
Vater
wird wahrscheinlich wieder später am Abend heraufkommen.
Sei
Du nun wieder recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Anni.
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