Donnerstag, 30. Juli 2015

Brief 41 vom 30./31.7.1940


Lieber Ernst!                                                                                   30.Juli 40. 

Heute ist kein Brief von Dir gekommen. Von Kurt ist ein Brief mit einem Bild gekommen. Er sieht gut darauf aus. Wenn ich das noch aufhänge, habe ich dann Bilder von drei Soldaten. Das langt doch. 
Vorgestern habe ich im Brief das Bild vom Beutewein vergessen. Ich schicke es nun heute mit. 
Heute habe ich 1 ½ Pfund Tomaten geerntet und wieder 2 Pfund Falläpfel. Da gibt es wieder prima Apfelmus. Leider ist das Wetter heute wieder nicht schön, sondern ganz gewittrig.
Von Herrn Maier soll ich einen Gruß bestellen. Er fragte, ob Du noch in Lille wärst. Auf meine Bejahung war seine Antwort typisch: Na, da ist er ja gut versorgt. 
Jörg freut sich schon sehr auf seinen Geburtstag. Er ist schon ganz neugierig. Helga hätte am liebsten gleich am selben Tag mit Geburtstag.
Denk Dir mal, an was für eine Arbeit ich mich heute gemacht habe. Ich habe die Kakteen aus den 2 Schalen umgetopft. Ob die Erde richtig ist, weiß ich nicht, aber vorläufig sind sie wenigstens einmal auseinander. Was sagst Du nun. Vielleicht freut es Dich doch ein bißchen. 
Die ersten Brombeeren sind auch schwarz. Da so wenig Sonne scheint, werden sie so einzeln hintereinander schwarz, was ja zum Einkochen nicht so günstig ist.  Nun, lieber Ernst! Jetzt will ich schließen. Ich freue mich schon auf Deinen nächsten Brief.  Sei rech herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.


Mein lieber Mann!                                                               Konstanz, 31.Juli 1940

Heute früh kamen Deine zwei lieben Päckchen an, aber wieder kein Brief von Dir. Für die schönen Sachen, die Du mir geschickt hast, danke ich Dir recht sehr. Sie sind wirklich schön. Der Schal gefällt mir sehr gut. Hab also vielen Dank.
Der letzte Brief, den ich bisher von Dir bekommen habe, ist vom 21.7. Mal sehen, ob heute Nachmittag wieder einer kommt. 
Ich habe heute sechs Pfund Bohnen abgenommen.  Davon will ich heute die ersten fünf Gläser sterilisieren. 1 ½ Pfund Falläpfel hat es auch wieder gegeben.
Von Jörg soll ich Dir auch schreiben, daß nun nach 3 Tagen sein Geburtstag kommt und daß er sich fest freut.  Nun ist der Briefträger wieder vorbei ohne mir einen Brief von Dir zu bringen. Da ich so ge(ver)wöhnt bin, daß Du regelmäßig schreibst, mache ich mir Sorge, ob etwas mit Dir passiert ist oder ob Du krank bist.
Wenn nur der Tag und die Nach schon herum wär, daß der Briefträger wieder kommt. Ich warte so sehnsüchtig auf einen Brief und kann mich an den mir geschenkten Sachen noch gar nicht so richtig freuen, da ich nicht weiß, ob Du gesund bist. 
Einen kleinen Gruß aus unserem Garten schicken wir Dir heute mit, wenn es auch nur ein getrockneter ist.  Ich hatte vom Umtopfen noch ein paar kleine Kakteen übrig, die ich wegwerfen wollte. Jetzt haben sie sich die Kinder in Töpfe getan und an ihr Fenster gestellt. Sie sind jetzt sehr stolz darauf. 
Die Briefmarken, die in Deinem Päckchen lagen, habe ich zu Deinem Album getan.  Lieber Ernst! Nun will ich Schluß machen. Ich will den Brief noch wegschaffen und dann geht es noch weiter am Bohnen schneiden. Ich grüße und küsse Dich recht herzlich und habe Dich so sehr lieb. Behalte auch lieb Deine Annie.

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