Sonntag, 23. April 2017

Brief 316 vom 22./23./25.4.1942


22.4.

Mein liebster Ernst! Ich bekam deinen lieben Brief vom 19.4., den du auf der Fahrt geschrieben hast. Das hat mich sehr gefreut, dass du auch unterwegs noch an uns gedacht hast.
Den Koffer habe ich heute auf dem Bahnhof abholen können. Einen Schlüssel habe ich noch hier, sodass ich alle Sachen versorgen konnte. Es ist alles gut angekommen.
Am Geburtstag von Mama habt ihr also ihr Grab besucht. Das Grab von deiner Mutter und deinem Bruder konntest du ja auch mit besuchen. Wenn der Efeu auf dem Grab von deiner Mutter anwächst, wäre es ja gut. Dass er bisher einfach nichts werden wollte, ist dumm. Ein Grab sieht dadurch gleich schöner aus.
Scheinbar hat es dir in Leipzig gut gefallen, denn du bist ja voller Lob.
Von Siegfried erhielt ich einen kurzen Brief, eigentlich nur einen Gruß, den er wegen der Führermarke geschickt hat. Nun besitzt du sie gestempelt und ungestempelt.
Ich mache nun Schluß und gehe schlafen, denn mir tut schon den ganzen Tag der Kopf weh. Das Geld habe ich heute an Erna geschickt. Im Garten habe ich nichts geschafft, denn es hat immer etwas geregnet. Ich muß mich auch mal ausruhen.

23.4.

Mein liebster Ernst!
Heute bekam ich den zweiten Brief vom 19., den du in Krakau geschrieben hast. Ich habe mich sehr gefreut, dass du so lieb immer an uns denkst.
Nun weißt du also, wohin du kommst. Ich habe den Ort gleich auf der Karte gesucht und gefunden. Es ist ziemlich nahe der Front. Die Fahrt dauert ja reichlich lange, und wenn du nach 6 Tagen angekommen sein wirst, dann wirst du aufatmen. Du musst ja ganz krumm von der ewigen Fahrerei werden. Jetzt bist du ja gerade in die Schneeschmelze hinein geraten. Das wird die Straßenverhältnisse auch nicht verbessern. Es war eigentlich gut, dass du erst noch in Leipzig warst, da hast du die Fahrt mal für 2 Tage unterbrochen, sonst wärst du ja fast 2 Wochen nur auf der Bahn gewesen.
Für die gesparten Urlaubsmarken danke ich dir. Du hast doch sicher etwas davon in Leipzig abgegeben für´s Essen, nicht wahr? Oder wollen sie keine haben?
Wie ist das eigentlich, muss ich noch an einen Kameraden in Frankreich Geld schicken? Denn alles wirst du doch sicher nicht bezahlt haben. Von den 11 Päckchen ist übrigens bis jetzt noch keins eingetroffen. Entweder geht es diesmal so lange, oder sie haben es vergessen, mit wegzuschicken. Denn du wirst sie doch sicher jemand gegeben haben, da doch am Sonntag keine Päckchen weggeschickt wurden.
Von Elsa erhielt ich einen Brief. Erhard Tillner ist tatsächlich am 22.12.41 gefallen. Seine Eltern sind noch ganz verzweifelt.

25.4.

Zu einer etwas außergewöhnlichen Zeit schreibe ich jetzt, ½ 1 Uhr nachts bei Fliegeralarm. Also streng genommen ist eigentlich schon der 26. Bei Tag bin ich nicht zum schreiben gekommen. Am Nachmittag habe ich im Garten geschafft, die Erdbeeren nochmals vom Unkraut befreit, Spinat und Möhren nachgesät. Jörg war es nicht ganz gut. Ich habe ihn in´s Bett gesteckt. Scheinbar war es eine Magenverstimmung, denn er musste zwei Mal brechen. Im Laufe des Nachmittags ist ihm wieder besser geworden und jetzt ist er wieder wohlauf. Am Nachmittag habe ich mal wieder einen Kuchen gebacken, und zwar einen Rhabarberkuchen mit eigenem Rhabarber. Dann hatte ich noch allerhand andere Arbeit und so ist der Tag vergangen. Eigentlich wollte Vater am Nachmittag kommen und Bohnenstangen anspitzen und evtl. noch rein tun. Gegen 8 Uhr kam er an und wollte schaffen. Da habe ich aber gesagt, dass wir so spät nicht anfangen. Er hat sich dann noch den Garten angesehen und ist hinterher noch bis 11 Uhr hier gewesen. Ich bin ¼ 12 in´s Bett, um leider um 12 wieder raus zu springen. Wir waren erst im Keller, aber Herr Leimenstoll sagte, er riefe, wenn Flieger kämen, wir sollten nur in die warme Wohnung gehen. Das haben wir uns natürlich nicht zweimal sagen lassen. Inzwischen ist nun schon Entwarnung gewesen und wir gehen wieder schlafen

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